Ein Jahr mit E-Auto – ein sehr persönlicher Rückblick

Ende Juli 2023 haben wir unser Elektroauto, einen Skoda Enyaq 80, bekommen. Nach mehr als 10 Jahren mit Benzinern und rund 30 Jahren mit Dieselfahrzeugen begann eine neue Ära. Die Beweggründe für ein Elektroauto waren zum einen Umweltschutz-Gründe und zum Anderen auch Kostengründe.

Vorausschicken möchte ich, daß ich hier nur meine persönliche Meinung wiedergebe, die sicher nicht immer wissenschaftlich fundiert ist, aber einem Faktencheck standhalten sollte.

Gute Umweltbilanz, wenn erneuerbare Energie verwendet wird

Ich weiß, wir können ewig darüber diskutieren, ob die Umweltbilanz bei Elektroautos besser ist als bei Verbrennern, beides verbraucht Ressourcen und produziert CO2. Unterm Strich aber, natürlich nur mit erneuerbarer Energie,  verursachen Elektroautos bis zu 79 % weniger Treibhausgas-Emissionen als konventionelle Pkw mit Verbrennungsmotor. Auch wenn diese Aussage von der von den meisten geliebten Ministerin Gewessler stammt,  ist sie dennoch richtig. Außerdem gibt’s praktisch keine lokalen Emissionen und nur minimale Lärmentwicklung, was beides gerade im städtischen Umfeld nicht unwichtig ist.

Wenn weiters laut Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Fraunhofer Instituts nur mit erneuerbaren Energien geladen wird, hat dies einen sehr großen Einfluss auf die Umweltbilanz eines Elektroautos, da Treibhausgasemissionen bereits nach 20.000 gefahrenen Kilometern gegenüber herkömmlichen Verbrennen kompensiert werden.

E-Autos dürfen trotzdem kein Dogma sein

Nicht nur aus meiner Sicht hat das E-Auto seine Berechtigung, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, auch wenn ich trotzdem der Meinung bin, daß das nicht dogmatisch gesehen werden darf. Es gibt auch andere technische Möglichkeiten und die Forschung entwickelt sich rasant weiter, daher sollten Verbote einer bestimmten Technologie vermieden werden. Solche Verbote hindern die Entwicklung, Beispiele aus der Geschichte gibt es genug dazu: Hätten sich nicht ein Kupernikus und Galilei gegen damalige Denkvebote aufgelegt, würden wir möglicherweise noch immer glauben, die Erde sei eine Scheibe und der Mittelpunkt des Universums. Experten warnten im 19. Jahrhundert, dass Menschen ernsthaft Schaden nehmen, wenn sie mit der Eisenbahn schneller als 30 km/h fahren, eine spektakuläre Fehleinschätzung. Oder die Meinung des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II.: „Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd“.

E-Mobilität ist aus meiner Sicht in der Praxis leider noch nicht wirklich mehrheitstauglich

Aber Schluß jetzt mit dem anektotenhaften Ausflug in die Geschichte, die Jetztzeit ist interessant genug. Leider muß man sich ein Elektroauto noch recht teuer erkaufen und sich das auch leisten können. Außerdem sind die Rahmenbedingungen für E-Mobilität noch bei weitem nicht mehrheitstauglich. Natürlich gibt es auch derzeit noch für manche Autofahrer Konstellationen, die ein E-Auto nicht sinnvoll machen, z.B. für Außendienstmitarbeiter mit sehr hohen täglichen Kilometerleistungen.

Vieles davon spielt sich zwar im Kopf ab, weil wir Autofahrer glauben, daß wir gefühlt jeden zweiten Tag mindestens tausend Kilometer ohne Unterbrechung fahren müssen. Andererseits ist es (noch) für einen Großteil der Österreicherinnen und Österreicher nicht möglich, so nebenbei zu laden, wenn das Fahrzeug gerade herumsteht. Wir haben zwar rund 43% Einfamilienhaus-Besitzer, die theoretisch zuhause laden könnten, andererseits können auch nicht alle einfach am Arbeitsplatz laden. Fast alle anderen müssen an öffentlichen Ladestationen laden, die erstens selten direkt vor der Haustüre und meist auch noch recht teuer sind. Dazu kommt dann noch die Ladezeit, die dann meist zu Recht als verlorene Zeit empfunden wird.

Zuhause laden ist Voraussetzung für ein stressfreies Leben mit dem E-Auto

Das alles trifft auf mich fast nicht zu, daher ist das E-Auto im Normalfall stressfreier als ein Verbrenner. Meine erste Aktion noch vor der Lieferung des Autos war die Installation eines Starkstrom-Anschlusses und einer (mobilen) Wallbox im Carport, um mit den technisch möglichen 11 kWh laden zu können, was bei einem 80 kwh Akku ermöglicht,  über Nacht ohne Probleme bis zu 100% zu laden. Das macht man, um die Batterie zu schonen, aber sowieso nur im Ausnahmefall vor längeren Fahrten. Auf diese Art verbrauche ich zu 90% weniger Zeit als um einen Verbrenner zu tanken. Die mobile Wallbox erlaubt mir theoretisch, an jeder Starkstromdose, eventuell mit zugehörigem Adapter, zu laden. Ich habe das aber im vergangenen Jahr nur einmal genutzt.

Öffentliches Laden steckt noch immer in den Kinderschuhen

Theoretisch ist die öffentliche Ladeinfrastruktur in Österreich schon recht vernünftig ausgebaut, aber die Tücke liegt im Detail. Auf und nahe an den Autobahnen sind die Ladestationen in praktikablen Abständen, doch immer wieder kommt es vor, daß die Stationen ausgefallen sind, die Ladekarten nicht akzeptiert werden und Bankomat- oder Kreditkarte auch verweigert werden. Dann macht man sich, zwar mittels App und Autonavi, auf die Suche nach der nächsten Möglichkeit zu laden. Das ist schon unnötig zeitkonsumierend und erhöht dabei den Stresslevel aller Mitfahrenden.

Notwendige Verbesserungen, die die Akzeptanz erhöhen

Zusätzlich ist unverständlich, warum viele Stationen irgendwo im letzten Eck des Parkplatzes versteckt werden und man minutenlang zur Raststätte gehen muss, um zum Pausenkaffee zu kommen. Weiters entbehrt es jeder Logik, daß Tanksäulen selbstverständlich überdacht sind, E-Ladestellen aber nur im Ausnahmefall. Weiters sollte es dringend Standard werden, daß Hotels, Restaurants und ähnliche analog zu bereits recht vielen Supermärkten Ladestationen zur Verfügung stellen, nur so kann das Laden ohne zusätzlichen zeitlichen Aufwand die Akzeptanz erhöhen.

In Zeiten von künstlicher Intelligenz ist es unverständlich warum Auto und Ladesäulen noch immer nicht alle notwendigen Daten für die Bezahlung über das z.B. CCS Interface austauschen. Tesla mit den Superchargern kann das schon seit Jahren.

Ich höre schon wieder Security- und Datenschutz-Bedenken, aber das Fahrzeug muß ja nur die notwendigen Zahlungsinfos, die sonst über Lade- oder Kreditkarte kommen, an die Ladesäule übermitteln. Somit hat der Betreiber keine Personen- oder Fahrzeug-bezogenen zur Verfügung. Alle anderen Auswertungen können ja in der Fahrzeug-App erfolgen.

Erfahrungen nach einem Jahr und 20.000 Kilometern

Wir fahren unseren Skoda Enyaq bisher praktisch nur in Österreich, wenn man von einigen grenznahen Abstechern ohne Ladenotwendigkeit absieht. Dafür war für uns eine praxistaugliche Anhängerkupplung unbedingt Voraussetzung. Einer der Gründe dafür ist, daß wir jederzeit unsere Fahrräder mitnehmen können und zweitens einen Anhänger mit einigen 100 kg Last ziehen zu können. Beides haben wir oft gemacht, der Anhänger war mehr als 1000 km eingesetzt, ebenso waren wir mit dem Biketräger mehrmals durch halb Österreich unterwegs.

Jetzt ist sicher interessant, wie hoch der Verbrauch durchschnittlich über die 20.000 km ist. Das sind zum Zeitpunkt der Aufnahme 19,3 kwh je 100 km, einige 100 km später ist er schon auf 19,2 kwh weiter gesunken. Der Winter hatte den Verbrauch auf durchschnittlich 20,4 KWh in die Höhe getrieben, in den letzten Monaten ist er aber so stark gesunken, daß der Jahresdurchschnitt um rund 1 kwh gesunken ist. Und das bei rund 40% Autobahn und 60% Landstraße, der Stadtverkehr fällt praktisch nicht ins Gewicht.

Der Kostenvergleich dafür ist auch nicht uninteressant, wobei hier ein noch höherer Preis pro kwh  wirkt als derzeit, die Dieselpreise sind derzeit aber auch niedriger.

Fazit

Ich persönlich möchte das E-Auto nicht mehr missen. Es verführt zu einer gelasseneren Fahrweise, obwohl die Beschleunigung von unten heraus auch immer wieder Spaß macht und manchmal auch hilfreich ist. Die Ladeplanung der Fahrzeug-App ist so ok, daß man nicht überrascht wird, die Auswahl der Ladestation ist aber nicht immer nachvollziehbar, aber das kann man ja overrulen.

Auch wenn es nicht direkt mit Elektromobilität zu tun hat: Die Navi-Software ist gelinde gesagt stark verbesserungswürdig. Warum zeigt es in einem E-Auto Treibstoff-Tankstellen ohne Ladestationen an? Warum leitet es immer wieder auf eine bestimmte Route, obwohl man dieser schon mindestens 10 Mal nicht gefolgt ist? Das kann jedes Motorradnavi besser und billiger.

Der adaptive Tempomat ist an und für sich recht gut, am besten, wenn man einen Vordermann hat. Die Verkehrszeichenerkennung ist aber absolut unzuverlässig, es werden unvermutet Verkehrszeichen auf der parallelen Fahrbahn oder einer anderen Ebene (Unterführung) verwendet, was an manchen Stellen auf der Autobahn zu Bremsmanövern von 130 auf 80 oder gar 50 km führt. Oder umgekehrt im einer 100er Zone mit Section Control unvermittelt auf 130 kmh beschleunigt, obwohl kein Verkehrszeichen zu sehen ist. Hier liegt es wieder an der Datenintegrität der in den Kartendaten erfassten Verkehrszeichen, was eigentlich im 21.Jahrhundert kein Thema mehr sein dürfte, sonst braucht man über KI-Systeme gar nicht mehr weiter nachdenken. Die visuelle Verkehrszeichenerkennung sollte aus meiner Sicht eigentlich nur zur Verifizierung dienen.

Trotzdem, auch die Reichweite ist und bleibt ein wichtiges Thema, sowohl was Batteriekapazitäten als auch Ladezeiten angeht. Hier ist sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, was aber leider auf die Preissicherheit für gebrauchte E-Autos drückt.

Ich gehe davon aus, daß das alles auch noch in den nächsten Jahren ein kontroversielles Thema bleiben wird. Denk- und Verwendungsverbote für andere Technologien sind dabei aber die schlechteren Ansätze, diese Herausforderungen weiterzuentwickeln.

Links

https://www.gisquadrat.com/verkehrszeichenverwaltung/

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Car2x

https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/autonomes-fahren/technik-vernetzung/aktuelle-technik/

https://www.bmk.gv.at/themen/mobilitaet/alternative_verkehrskonzepte/automatisiertesFahren/faq/hintergrund/vollautomatisiert.html

https://www.bmk.gv.at/themen/mobilitaet/alternative_verkehrskonzepte/elektromobilitaet/zahlen/oekobilanz.html

https://www.virta.global/de/blog/faktencheck-ist-die-umweltbilanz-bei-einem-elektroauto-wirklich-schlechter

https://www.tesla.com/de_at/support/supercharging-other-evs#pay-supercharging

https://blackout-news.de/geschichte/die-geschichte-der-elektroautos-sie-scheitern-an-den-gleichen-problemen-wie-vor-ueber-100-jahren/

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Combined_Charging_System
https://www.bmk.gv.at/themen/mobilitaet/alternative_verkehrskonzepte/elektromobilitaet/zahlen/oekobilanz.html#:~:text=Die%20Ergebnisse%20zeigen%2C%20dass%20Elektroautos,Pkw%20mit%20Verbrennungsmotor%20(%20ICE%20).

https://www.helvetia.com/de/web/de/ratgeber/fahrzeuge/e-car/technik-praxis/elektroauto-umweltschaedlich.html#:~:text=Denn%20E%2DAutos%20selbst%20sto%C3%9Fen,die%20anf%C3%A4nglichen%20hohen% 20Emissionen%20ausgeglichen.

https://www.virta.global/de/blog/faktencheck-ist-die-umweltbilanz-bei-einem-elektroauto-wirklich-schlechter
https://www.auto-motor-und-sport.de/ams-plus/?utm_source=consent_layer&utm_medium=abo_testen&utm_campaign=amsplus


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3 Kommentare zu „Ein Jahr mit E-Auto – ein sehr persönlicher Rückblick“

  1. Danke an KURT LUDIKOVSKY zu seinem Kommentar in Facebook:

    Ein sehr guter Bericht, dem ich auch in weiten Teilen zustimmen. Ganz besonders die unaufgeregte Darstellung.Allerdings muss ich ein paar Anmerkungen machen.

    1) Die CO2-Bilanz ist bei 20.00km ausgeglichen, wenn die Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Wie schaut aber die Realität aus? Österreich ist auf Grund seiner Wasserkraft relativ gut aufgestellt, aber eben nicht 100% erneuerbar (ich glaube mich zu erinnern zu 70-80%). Woher kommen die restlichen 30%?

    2) Das es dabei aber nicht nur ein Problem der Herstellung ist, sondern insbesondere des Transports. Denn der Transport muss zu ALLEN Stellen transportiert werden in der maximalen Kapazität. Wenn also in einem Grätzel 100 Ladestationen sind jede mit 11kw muss das Grätzel die (zusätzliche) Kapazität für 1,1 MW haben. Weil, es könnten ja alle gleichzeitig laden wollen. Es muss also eine Infrastruktur geschaffen werden, die für das Maximum ausgelegt ist, obwohl es das aber praktisch kaum gebraucht wird. Und das sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz. Weil ja auch dort alle landen können wollten.

    3) Dazu kommt noch die steigenden Ablehnung von ‚Erneuerbaren‘ Kraftwerken hinzu ((https://on.orf.at/video/14238247/15699487/ortswechsel-windraeder-und-die-energiewende).

    4) Die Preise. Warum sind e-Autos eigentlich so teuer, wo sie doch weniger Teile benötigen? Und wie du schon schreibst, warum brauchen wir so riesen Kisten, wenn wir doch im Schnitt weniger als 50 km pro Tag fahren ( Ausnahmen betätigen die Regel).

    5) Ich bin auch gegen ein Denkverbot! Denn eines haben wir bisher noch nicht wirklich gelöst: die Speicherung elektrischer Energie. Und da wären brauchbare Lösungen dringend gefragt.Wie gesagt, der Bericht ist wohl das Objektivste was ich seit langem gelesen habe.

    https://on.orf.at/video/14238247/15699487/ortswechsel-windraeder-und-die-energiewende?fbclid=IwY2xjawEq6qVleHRuA2FlbQIxMQABHdxhKv3dPh1CrrnS6uYjix8d3cwqI1W7-0Z657qplb8-9lOMfMMnPKkTYQ_aem_dGg47So_zrtlWShAX4hM5A&sfnsn=mo

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  2. Hallo Reini,

    sehr interessant, nur wo bekommst du Strom für 0,21 Euro brutto her?

    Falls das stimmt, schicke mir doch bitte deine Quelle. Für zu Hause kann ich das nachvollziehen, aber nicht für externe Ladestellen.

    Oder mache ich einen Denkfehler?

    Liebe Grüße

    Uli

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