Heute ist Samstag, wir machen „nur“ ein paar Stunden Trainingssession. Mein Kollege will mich um ½ 11 mit dem Moped abholen. Ich möchte mich vorher ein bisschen umsehen, was man so einkaufen könnte. Die Shops haben noch alle zu, so beschließe ich, die Straße hinunter zu gehen und zu fotografieren. Muss mir die Fotos noch ansehen, es sind sicher einige gute Eindrücke dabei, dabei ist es noch gar nicht so voll und hektisch wie an den Wochentagen. Ein paar Männer sitzen an einer Straßenecke und sehen mir beim Fotografieren zu, sie holen mich zu Ihnen, einer möchte fotografiert werden, er ist sichtlich stolz, dass ich es mache. Ein anderer erklärt mir, dass er ein ich weiß nicht was sei, ein Faktotum ist er sicherlich.


Am Rückweg finde ich einen Shop, wo man Nummerntafeln kaufen kann. Ich lasse mir von einem der Händler erklären, dass die Fahrzeughändler bei ihnen die Nummern kaufen, man kann dabei zwischen 3 Qualitäten aussuchen. Weiter vorne ist dann ein Schuh-Shop, bei uns würde man Standl sagen, sie lassen mich Lederschlapfen probieren, ich kaufe sie dann auch, hab aber sicher zu wenig mit dem Preis gehandelt- von 375 auf 350 Rp. (das sind ungefähr 6 Euro), weil er sofort ja gesagt hat. Muss sie morgen gleich ausprobieren.
Strassenbettler
Dann geh ich noch ein Stück zu einer stark befahrenen Kreuzung, ich möchte dort auch noch ein paar Fotos machen. Am Rückweg betteln mich gleich 3 Frauen an, es ist gar nicht so leicht, sie beginnen zu zupfen und ich muss energischer werden, als ich eigentlich will, damit ich sie wieder loswerde.


Mein Kollege verspätet sich, er hat verschlafen, macht nix, die Leute auf der Strasse zu beobachten ist noch immer interessant. Der Verkehr bringt mich gar nicht mehr wirklich aus der Ruhe, aber es gibt doch wieder was Neues. Ich sehe das erste Mal Kühe auf der Strasse liegen, hier mitten in der Stadt. Viele scheint es aber nicht mehr zu geben, zumindest in der Stadt.
Ich spreche mit einem Kollegen über das Betteln, er meint, wenn ihn jemand anbettelt, fragt er ihn ob er zu ihm mitkommt, dann ist er schnell weg. Und die Frauen mit Baby sind sehr oft ein Trick. Er meint, eigentlich müsste niemand betteln, aber ganz so sicher bin ich da auch wieder nicht.
Vegetarisches Mittagsbuffet
Unser Buffet im Kurs im Siemens-Gebäude möchte ich auch noch beschreiben. Es gibt immer etwas Vegetarisches mit Reis, das wird anscheinend von irgendwoher geholt und von einem Angestellten vorbereitet. das ist, obwohl scharf, doch immer lecker. Hier prallen aber auch die Welten noch aufeinander. Obwohl in der Küche eine Einbauanrichte da ist, hockt der Angestellte mit den Töpfen um ihn herum am Boden und richtet das Buffet an. Unsere Kursteilnehmer essen alle „westlich“ mit Gabel oder Löffel, die Hausangestellten essen aber alles mit den Fingern, genauso wie ich es auch vom Hotelzimmer aus auf den benachbarten Hausdächern beobachten kann.
Tägliches Leben am Dach
Die Frauen schrubben dort die Wäsche am Betonboden, eine Familie hat am Dach einen kleinen „Ofen“, das ist eigentlich nur ein ganz winziger Metallkasten, wo das Wasser erwärmt oder am Abend das Fladenbrot gebacken wird. Das spielt sich auch am Fußboden ab und alles sieht irgendwie unordentlich aus. Unsauber ist es nicht, der Boden wird mehrmals täglich gekehrt. Anderseits läuft auf einem anderen Dach ein junges Mädchen herum und telefoniert ewig mit dem Handy, kein Unterschied zu uns.



Dass sich die Sitten und die Einstellung zum Leben ändern, habe auch einige Kollegen besprochen. Sie wundern sich auch über die neue Freizügigkeit, meinen aber andererseits, dass man niemandem dreinreden solle, wie er sein Leben gestaltet. Ein Kollege erzählt, in seiner Firma gäbe es ein Callcenter, gemischt Männer und Frauen. Eines Tages ist die Trinkwasserleitung ausgefallen, es kam kein Wasser mehr. Der Installateur machte sich auf die Suche und entdeckte, dass der Trinkwassertank am Dach zur Entsorgung der gebrauchten Kondome verwendet wurde.
Um 16 Uhr reicht es mir, ich mache Schluss, ich möchte mir auch noch etwas ansehen. Der Hussain Sagar, der große See mit seiner Buddha-Statue in der Mitte ist sicher am Abend noch schön. Zuerst muss ich aber ins Hotel, die Unterlagen loswerden und die Kamera holen, die darf ich ja in den Kurs nicht mitbringen, die sind da sehr streng. Die Taxifahrer streiken noch immer, ich versuche es wieder im Hotel daneben, die haben aber diesmal auch nichts. Ich rufe daher in meinem Hotel an, die können mich Gott sei Dank abholen lassen. Dabei sehe ich ein Schreiben eingerahmt neben der Rezeption, wo sich der George W. Bush für seinen Aufenthalt im April 2006 bedankt.
Beim Warten an der Straße geht eine muslimische Frau mit Hijab, in Schwarz, nur mit Augenschlitz an mir vorbei. Sie sieht mich mit großen wunderschönen Augen an und sieht auch nicht weg als ich zurückschaue, ich fühle mich richtig verschlungen. Ich bin sicher, sie weiß genau, dass sie sich das nur mit ihrer Kleidung leisten kann. Bei manchen dieser Frauen hier habe ich das Gefühl, dass da sehr viel Selbstbewusstsein dahinter versteckt ist und die Vermummung auch als Schutz gesehen wird.
Perlenstadt Hyderabad
Ich möchte gleich ein Taxi für nachher bestellen, das geht aber nicht, es ist einfach keines zu bekommen. Also ordere ich für morgen Sonntag eines gleich für den ganzen Tag, um 10 Uhr geht’s los. Muss mir noch anschauen, was ich so alles sehen will.
Nachdem Sightseeing nicht geht, schaue ich mir das Shoppingcenter für Perlen, Juwelen und Kleidung in unserem Haus an. Ich finde für meine Damen sicher etwas dort. Gleich werde ich höflich von allen Seiten gefragt, was ich suche. Nachdem ich erkläre, nur einmal schauen zu wollen, lässt man mich aber in Ruhe. Es gibt Stoffe, Saris (die besten kommen aus Italien!) und natürlich Schmuck. Hyderabad ist für seine Perlenverarbeitung bekannt, ich suche ein bisschen und habe schon bald etwas für meine Girls gefunden. Die Perlen sind aus China, die Silber- und Goldfassungen dazu werden hier in Hyderabad gemacht. Ich bin sicher, es wird ihnen gefallen.


Abendessen wie immer im Blue Fox, ich bin wirklich zu faul, in das Restaurant zu laufen, das mir mein Kollege empfohlen hat, es ist mehr als eine halbe Stunde Fußweg in einer Richtung. Ich fürchte mich zwar wirklich nicht, aber andererseits muss ich auch nicht unbedingt in der Nacht so weit herumlaufen.
Zum Weiterlesen
8: Sightseeing im europäischen Cash&Carry Markt, einer Moschee und am indischen Basar
Links
George W.Bush im gleichen Hotel wie ich
Hijab im heutigen Indien https://www.watson.ch/international/indien/778706235-gericht-in-indien-bestaetigt-kontroverses-hidschab-verbot
Perlen
https://www.lufthansa.com/ch/de/articles/highlights/hyderabad-city-of-pearls-and-programmers#:~:
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Ein Gedanke zu „7: Mehr vom täglichen Leben, verstopften Trinkwasserbehältern und Perlen“