Die letzten Tage bestanden nur aus Kurs, dann schnell zum Internetpoint, die letzten Mails senden und empfangen und ein Chat mit Evi, damit sie nicht so einsam ist. Sie ist seit mittwochabends in der Schweiz, daher kein Chat übers Wochenende. Ich habe dafür mit meiner holländischen Managerin Dieske gesprochen, die wissen wollte wie’s mir so geht und wie es meinem Agfa-Projektkollegen Swapnil mit den Demerger-Änderungen für Griechenland geht. Ich habe nachher Swapnil vorgeschlagen, dass er mich im Hotel anrufen soll, das ist einfacher als ein Chat im Internetpoint. Ich bin aber komischerweise nur am Badezimmertelefon erreichbar. Hat aber dann trotzdem funktioniert mit Laptop am Bett und die Telefonschnur in die Länge gezogen. Wir werden uns nächsten Samstag im Capgemini-Office hier in Mumbai treffen und ein paar Stunden gemeinsam arbeiten und uns auch kennen lernen.
Heute ist unser Trainer nicht erschienen, so haben wir halt ganzen Tag geübt, das war auch ganz gut so. Ich habe dann noch meine Agfa-Arbeiten erledigt und schon um 17:30 Schluss gemacht. Nachdem mir Manuel vorgeschlagen hat, aufs Dach des Hotels zu gehen, musste ich das natürlich gleich machen und den Ausblick über Central Mumbai mit der Kamera festhalten. Auch von hier ist es umwerfend und für europäische Augen schwer nachzuvollziehen.



Ich will noch rasch einen Orangensaft trinken, stoße aber das Glas mit der Wasserflasche um, Gott sei dank bin ich im Badezimmer. Ich rufe den Zimmerservice, der auch rasch kommt und alles – so denke ich – ordentlich reinigt. Er verwendet dazu eine ganz klare Chemikalie, die er aus einer gewöhnlichen Wasserflasche spritzt, ist ja total verwechslungssicher! Oder war es doch nur Wasser?
Dann beschließe ich, noch mit dem Taxi zum Chhatrapati Shivaji Maharaj Terminus (ehemals Victoria Station) zu fahren, das ist ein riesiger alter Bahnhof im Kolonialstil. Der Verkehr ist extrem, eben Freitagabend Rush Hour, Dann kommt ein Stück Stadtautobahn mit ganz wenig Verkehr und der Fahrer glaubt, wieder einmal ein Rennen gewinnen zu müssen. Wir kommen aber dann doch heil an. Der Anblick ist toll in der untergehenden Sonne, ich muss natürlich auch sofort in die kleine davor liegende Parkanlage hinein und ein paar Fotos schießen.



Die Securities sind davon nicht sehr begeistert und erklären mir sehr höflich gestikulierend, dass ich hinausgehen sollte. Meine Fotos habe ich eh in der Zwischenzeit, eines noch schnell gemacht, dann gehe ich in die Bahnhofshalle. Alles ist im Kolonialstil, aber mit digitalen Uhren über jedem Gleis und die Züge sind typisch indisch überfüllt. Frauen in bunten Saris, Männer mit Laptoptaschen, Muslims in ihren weißen Gewändern, alle hängen bei den offenen Türen heraus und halten sich nur an einer Hand fest, genau so, wie man sich einen indischen Zug vorstellt. Dabei gibt es laut Reiseführer über 2000 Zugverbindungen nur in Mumbai!


Ich beschließe, noch die Umgebung zu erkunden, da hier auch ein Markt ist, aber ich gehe rasch mit ernstem Blick durch, so werde ich nicht gefragt und belästigt. Auf einmal sehe ich Lichtergirlanden ein paar Strassen entfernt. Als ich näher komme, entpuppt sich das als Tempel, der schon für das morgige Ganesh Chaturthi aufgebaut ist, ein gigantischer Aufwand. Ich bin schon richtig gespannt auf den morgigen Tag!
Dann suche ich mir wieder ein Taxi für die Rückfahrt. Der Fahrer will 100 Rupies wegen des Verkehrs und weil es schon dunkel ist und anscheinend überhaupt. Ich diskutiere gar nicht drüber und steige ein. Am Ende der Stadtautobahn bremst er abrupt ab, schlägt einen Haken und biegt in eine schmale Seitengasse ein, in die sich normalerweise keine Autos verirren dürften, die Leute weichen nur sehr unwillig aus, ich sehe so richtig in ihren Gesichtern stehen: „Was will der verrückte Europäer hier?“ Ganz wohl fühle ich mich – das erste Mal in Indien – dabei aber auch nicht und versuche aus dem Fahrer herauszubekommen, ob ihm klar ist, dass er mich zum Hotel Sahil bringen soll. Er murmelt etwas Unverständliches und mir wird noch mulmiger. Aber nach 2 Ecken sind wir bei einer Kreuzung, die ich von der Hinfahrt kenne und ganz nah beim Hotel ist – er hat eine Abkürzung genommen und sicher eine Viertelstunde erspart. Die Zeitersparnis und Spannung sind wirklich 100 Rupies wert!
Ich gehe noch rasch in die Shopping Mall, um einen indischen Snack zu essen und dann zurück ins Zimmer. Im Badezimmer haben in der Zwischenzeit hunderte Miniameisen die Überreste des Orangensafts entdeckt. Ich rufe wieder den Zimmerservice, der nun mit 2 Mann und stärkeren Chemikalien und mehr Tüchern anrückt. Nach 10 Minuten ist – hoffentlich – alles beseitigt.
Auf einmal ein Lärm (weit mehr als normal) und Getrommel draußen, es zieht anscheinend wieder ein Ganesh-Umzug vorbei. Ich schnappe meinen Fotoapparat und laufe schnell hinunter und erreiche den Zug sogar noch vor dem Hotel. Die mitziehenden Männer sind alle gut drauf und freuen sich, dass ich sie fotografiere.





Das reicht für heute, habe gerade noch ein paar von meinen „Haustieren“ gemordet und meinen Deospray als Vertilger benützt, ich will jetzt den Zimmerservice wirklich nicht mehr kommen lassen, es ist immerhin Mitternacht. Morgen müssen sie aber nochmals gründlich reinigen!
Zum Weiterlesen
5: Mumbai, 15.9.2007 – Mit Millionen anderen beim Ganesh-Festival
