Was ein cloudgesteuertes Bett und die Airbags von VW gemeinsam haben

In den letzten Tagen gingen zwei Meldungen durch die Medien, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Aber auf den zweiten Blick zeigen sie, dass wir in Europa in den letzten Jahren nicht sehr viel gelernt haben.

Erstellt mit dem Bildgenerator von Chat-GPT

Schon durch Corona waren die Lieferketten mit China, wenn schon nicht immer unterbrochen, doch stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Abhängigkeit von Medikamentenlieferungen aus China löste ebenfalls eine Diskussion über den Aufbau einer europäischen Medikamentenproduktion aus, die aber rasch nach der Besserung der Lieferketten verebbte.

Und nichts ging mehr im Suezkanal

Und dann kam der 23. März 2021, als das Containerschiff Ever Given sich für 6 Tage im Suezkanal verkeilte und erst am 3. April 2021 die letzten 61 von insgesamt 422 im Stau wartenden Schiffen den Suezkanal passiert hatten. Die Blockade führte Schätzungen zufolge zu einem täglichen Transportausfall von Ladungsgütern im Wert von über neun Milliarden US-Dollar. Und wieder wurde über Lieferketten diskutiert, aber mittlerweile ist Europa abhängiger von China oder Indien als je zuvor.

Und dann kommt der Oktober 2025, als zwei unterschiedliche Meldungen durch die Presse gehen

Die erste: Die niederländische Regierung übernimmt die Kontrolle über den Halbleiterhersteller Nexperia. Auf sanften Druck aus den USA, die Nexperia auf die schwarze Liste setzten und nicht mehr beliefern wollten, solange es ein chinesisches Management gäbe, wird dieses abgesetzt. Daraufhin verhängte die chinesische Regierung einen Exportstopp für Nexperia-Produkte. Das Problem dabei, Nexperia beliefert die europäische Autoindustrie mit Chips zur Steuerung zum Beispiel von Airbags. Und das führt dazu, dass unter anderem VW laut über Produktionsstopps nachdenkt, dann aber ein anderer Chiphersteller zumindest teilweise einspringt, den Ausfall aber laut Experten sicher nicht vollständig kompensieren kann.

Der Branchenblog xpert.digital zeigt ein weiteres Beispiel beim Zulieferer Bosch auf, der bis zu 22.000 Jobs abbauen könnte, weil er neben anderen Management-Fehlern voll in die Nexperia-Zwickmühle zwischen den USA und China geraten ist.

Dabei ist das nicht das erste Mal, dass dieses Szenario Eintritt, laut dem Logistik-Branchenmagazin Technik+Einkauf gab es die Halbleiterknappheit bereits nach 2008 und 2021.

Und die zweite: Am 20. Oktober 2025 glauben weltweit viele Benutzerinnen und Benutzer, jemand hätte das Internet abgeschaltet. So einfach ist es dann aber doch nicht. Firmen und staatliche Institutionen können ihre Services nicht mehr aufrufen oder sind selbst nicht erreichbar. Sie können es über Signal oder Teams auch niemanden mitteilen, weil diese Kommunikationstools funktionieren auch teilweise nicht.

Bald war klar, es war der Ausfall eines einzigen Server-Clusters der Amazon Web Services (AWS), in einem AWS-Rechenzentrum, nämlich US-EAST-1 im US-Bundesstaat North Virginia. Dort „stolperte“ ein DNS Server, das ist quasi das Telefonbuch des Internets, zumindest ein paar Seiten davon. Ich war bis zu diesem Moment so naiv zu glauben, dass es davon sozusagen einige (virtuelle) Kopien auf anderen Server-Clustern gibt, Multi-Cloud-Szenario genannt, um genau das zu verhindern. Die lokale Hardware-Version hatten wir schon vor mehr als 30 Jahren auf der IBM AS400, RAID5 genannt. Ohne technisch tiefer darauf einzugehen, verhindert das Datenverlust, falls eine Festplatte ausfällt. Multicloud Szenarien können das ebenfalls, aber das ist ja gar nicht das echte Problem.

Nach 3 Stunden war der Spuk vorbei, die AWS Dienste liefen wieder, die Spezialisten der Amazon Web Services hatten die Lage wieder im Griff. Eigentlich könnte man jetzt zur Tagesordnung übergehen, es ist ja wieder alles OK und gedauert hat es ja nur drei Stunden. Es waren zwar Millionen User betroffen, auch tausende Firmen, aber nach so kurzer Zeit war ja nix passiert. Auch die Menschen, die noch im über AWS cloudgesteuerten Eight Sleep Bett eingeklemmt waren, kamen wieder frei.

Chinesische Expansionspläne und ein speziell kreativer Präsident

Doch dann gibt es in den USA einen Präsidenten, der, nennen wir es sehr kreativ ist und immer wieder neue Ideen hat, um „America first“ kommen zu lassen und dabei zumindest der Weltwirtschaft zu schaden, manchmal auch der eigenen. Und so wird Nexperia eben aus China nicht mehr beliefert solange das chinesische Management entmachtet ist und die deutsche Autoindustrie ist zwischen die Fronten von den USA und China gekommen.

Und der ideenreiche amerikanische Präsident könnte jetzt auf die Idee kommen, bei AWS, Microsoft Azure und der Google Cloud Platform die Verbindung eines Services nach Europa zu kappen oder mit seinem Lieblingsspielzeug, einem Spezialzoll zu versehen, falls zum Beispiel die lästigen europäischen Datenschutzgesetze aufrecht bleiben.

Und schon zeigt sich die Abhängigkeit von den USA und China, die mit einem Fingerschnipper die Wirtschaft in Europa zum Stillstand oder zumindest zum Stottern bringen könnten, ohne dass es in absehbarer Zeit eine nennenswerte europäische Alternative sowohl bei Computer-Chips oder Cloud Services geben wird.

Sie meinen, das sei äußerst unwahrscheinlich? Ihr Wort in Trumps Ohr…

Machtpolitik trifft Lieferketten

Auch die Bundeszentrale für Politische Bildung in Deutschland beschreibt das Dilemma zwischen Freihandel und sich ändernden machtpolitischen Gegebenheiten. Jürgen Sandau, Partner und Experte für Lieferketten bei der Unternehmensberatung Deloitte meint dort: „Der Höhepunkt der Globalisierung im Sinne der ökonomischen Verflechtung sei überschritten“. Aber wie damit umgehen? Ist die Investition in den Märkten wie China und den USA wirklich noch ein Allheilmittel? Hilft das den Konsumenten und Arbeitnehmern in Europa wirklich, gibt es noch Investitionssicherheit für die Wirtschaft in dieser Zeit geänderter Interessen und einer immer mehr aufkommenden Schrebergartenmentalität?

Auch xpert.digital beschreibt die Fragwürdigkeit einer Globalisierungsstrategie, die kritische Produktionsschritte in geopolitisch instabile Regionen verlagert hat. Das Packaging von Halbleitern mag in China günstiger sein, doch die Abhängigkeit von chinesischen Produktionskapazitäten macht nicht nur die europäische Automobilindustrie erpressbar. Die Just-in-Time-Produktionsphilosophie, die Jahrzehnte als Inbegriff industrieller Effizienz galt, erweist sich in Zeiten geopolitischer Konfrontation immer mehr als fatale Schwachstelle.

Auch eine Verteidigungs-Strategie: Der Euro-Stack könnte in einigen Jahren Europa unabhängiger machen

Die Debatte dazu wird längst auch auf EU-Ebene geführt. Man sei zu abhängig von Technologie und IT-Dienstleistungen aus dem Ausland, dabei sei neben Halbleitern speziell die Abhängigkeit bei der Cloud- und Daten-Infrastruktur ein Problem. Zu diesem Befund kommt auch eine Bestandsaufnahme der EU-Kommission zur digitalen Transformation. Aber selbst wenn man sofort loslegen würde, um den sogenannten „Euro-Stack“ zu implementieren, braucht das laut Bertelsmann-Stiftung etwa zehn Jahre und Investitionen in Höhe von rund 300 Milliarden Euro.

Also können Trump und die Chinesen mindestens noch ein paar Jahre mit uns in Europa spielen. Die Wörter „Russland“, „Putin“ und „Ukraine“ habe ich dabei nicht einmal erwähnt.

100 Jahre Österreichischer Schilling: Der digitale Euro und das Bargeld

Der letzte Teil meines Schilling-Blogs handelt vom digitalen Euro als zusätzlichem Zahlungsmittel, das nach dem US Genius Act und dem E-Yuan ein Mittel ist, damit Europa und der Euro im internationalen Zahlungsverkehr und auch gegen nichteuropäische Zahlungsdienstleister konkurrenzfähig bleiben. Auch die Echtzeitüberweisungen sollen die Palette der digitalen Zahlungsmöglichkeiten vergrößern. Das Bargeld soll und wird nach dem Willen der EU dabei nicht unter die Räder kommen.

Bargeld oder digitaler Euro?

Auch wenn diese Frage seit Jahren in den sozialen Medien immer wieder gestellt wird, um die Abschaffung des Bargeldes in den Raum zu stellen, wird es dadurch nicht richtiger. Wie schon im letzten Blogbeitrag erwähnt, ist das Bargeld auf keinen Fall ein Auslaufmodell, denn es garantiert der Vertrag über die Arbeitsweise der EU den Erhalt von Bargeld. Artikel 128 bestätigt: „Die (…) ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.“ 

Leider verbreiten Rechtspopulisten trotzdem immer wieder Falschinformationen über ein
Bargeldverbot, um Zweifel an den Institutionen der EU und am Euro zu schüren. Andererseits zahlen immer mehr Menschen bargeldlos, nicht mehr nur mit Bankomat- oder Kreditkarten, sondern immer mehr mit Handy-App, hier im Link erklärt von der Sparkasse.

Trotzdem wollen nicht nur die österreichischen Menschen nicht aufs Bargeld verzichten und so muß speziell in ländlichen Gebieten die Nationalbank einspringen um die Versorgung mit Bankomaten zu sichern.

Quelle: oen.at

Darum ist es auch eine Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Bargeldkreislauf, dass Bargeld praktisch überall akzeptiert wird. Überlegungen wie „Bargeld wird nicht mehr angenommen, also brauchen wir auch keine Bargeldbezugsquellen mehr“ widersprechen der Annahmepflicht des Euro als gesetzliches Zahlungsmittel.

Und auch der neueste OeNB-Barometer bestätigt: Bargeld ist in Österreich wegen seiner besonderen und einzigartigen Eigenschaften im Alltag nicht wegzudenken. 

Auch die in der im letzten Blog zu diesem Thema angeführte Bargeldstrategie schlägt in diese Kerbe und die dort verlinkte Bargeldstudie von 2024 (leider nur in Englisch) zeigt auf, dass für mehr als die Hälfte der EU-Bürgerinnen und Bürger das Bezahlen mit Bargeld besonders wichtig ist.

Die digitale Währung als Beitrag zur Unabhängigkeit von China und den USA

Das ist aber trotzdem kein Widerspruch dazu, dass zusätzlich ein digitaler Euro eingeführt werden soll. Dieses Zahlungsmittel basiert wie der Bitcoin auf Blockchain-Technologie, nur mit dem wichtigen Zusatz der verpflichtenden 1:1-Deckung durch Bargeld. 

Dazu ist in letzter Zeit wieder Bewegung in diese Bemühungen gekommen. Mit dem Genius Act wurde von den USA ein Gesetz verabschiedet, das die Förderung von Innovation im digitalen Finanzmarkt, die Sicherstellung von Transparenz, Vertrauen und Anlegerschutz sowie die Stärkung des US-Dollars als digitale Leitwährung sichern soll. Zentrale Vorgabe dieses Gesetzes ist ebenfalls unter anderem eine 1-zu-1-Deckungspflicht. Stablecoins müssen also jederzeit vollständig durch liquide Reserven gedeckt sein.

Aber auch China hat seit 2014 in digitale Währungen und kryptobasierte Zahlungssysteme investiert und hat als erste große Volkswirtschaft eine offizielle Digitale Zentralbankwährung (CBDC), den E-Yuan, eingeführt. Die chinesische Führung sieht darin die Möglichkeit, eine, wenn nicht die führende Rolle bei der Gestaltung von CBDCs zu spielen. Dennoch macht der E-Yuan laut einem Artikel des deutschen Handelsblatt im Jahr 2023 nur 0,16 Prozent des im Umlauf befindlichen Bargelds aus.

Quelle: The Digital Insurer

Auch ist für Peking der digitale Renminbi, wie der E-Yuan in China heißt, eine Möglichkeit, mehr Kontrolle über seine Bürger auszuüben. Seit Staats- und Parteichef Xi Jinping an der Macht ist, hat der den Überwachungsapparat deutlich ausgeweitet. „Eine Digitalwährung könnte nicht nur dabei helfen, Schwarzhandel und Korruption aufzudecken, sondern auch, um soziale Kontrolle auszuüben oder Material zu sammeln, um politische Gegner zu erpressen“, sagt SWP-Experte Hilpert.

Banken wollen einen Euro-Stablecoin entwickeln

Weiters wurde jetzt im September 2025 bekannt, dass neun führende Banken Europas, darunter auch die österreichische Raiffeisenbank International eine gemeinsame Gesellschaft gegründet haben, die einen Euro-Stablecoin entwickeln soll. Die Einführung ist bereits für die zweite Hälfte von 2026 geplant, um so den asiatischen und US-amerkanischen Bestrebungen rechtzeitig entgegenzuwirken. Sie soll auf jeden Fall den EU-Vorgaben der «Markets in Crypto-Assets» (MiCAR) entsprechen und schnelle, kostengünstige Zahlungen rund um die Uhr ermöglichen.

Symbolbild für den digitalen Euro. © EZB

Auch oder gerade weil die Sensibilität beim Datenschutz in Europa eine andere als in Asien oder den USA ist, muss gewährleistet sein, dass die versprochene Anonymität wirklich gewahrt ist, die Sicherheit gegen Cyber-Angriffe gegeben ist und die Menschen einen Mehrwert gegenüber den derzeit verwendeten elektronischen Zahlungsmöglichkeiten erkennen können, wovon man derzeit noch sehr weit entfernt ist. Aber nur so kann es gelingen, den digitalen Euro zu einem relevanten Zahlungsmittel zu machen.

Derzeit fährt der Zug aber langsamer als geplant. War bis vor kurzem eine Einführung des digitalen Euro im Jahr 2027 geplant, scheint es nun das Jahr 2029 zu sein. Die EU-Finanzminister einigten sich im September 2025 auf Obergrenzen für digitale Euro-Bestände als Schutzmaßnahme gegen potentielle Bank Runs und finanzielle Instabilität. Bis 2029 muss auch praktisch überall der digitale Euro im Zahlungsverkehr angenommen werden.

Für Unternehmen wird der europäische Stablecoin aber sicher bald unverzichtbar sein, effiziente grenzüberschreitende Transaktionen, programmierbare Zahlungen und Verbesserungen im Lieferkettenmanagement sowie bei der Abwicklung digitaler Vermögenswerte, von Wertpapieren bis Kryptowährungen sind die Grundgedanken dahinter.

Auch der aktuelle World Payments Report meines ehemaligen Arbeitgebers Capgemini zeigt das rasche Wachstum der verschiedenen digitalen Zahlungen auf. Speziell die Zunahme bei digitalen Zahlungsdienstleistern, die bis auf einzelne alle aus dem nichteuropäischen Raum kommen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Ganz aktuell (23.10.2025) hat auch die Österreichische Nationalbank das Thema Digitale Zahlungen in Europa wieder beleuchtet und erklärt, warum wir mehr Eigenständigkeit und Wettbewerb brauchen, weil wir in Europa von wenigen Kreditkarten-Instituten (mit Sitz in den USA) abhängig sind. So laufen 80 % der Kartenzahlungen über Mastercard und 18 % über Visa.

Auch Leonhard Dobusch vom Momentum Institut erklärt am gleichen Tag den digitalen Euro und entdämonisiert ihn wissenschaftlich untermauert besser, als ich es je hier durch reine Internet-Recherche kann. Und das Momentum Institut ist ja nicht vordergründig als Verteidiger der Banken und der europäischen Institutionen bekannt.

Die Sofortüberweisung (Instant Payment) seit dem 9. Oktober 2025

Instant Payments sind Echtzeitüberweisungen in Euro, die innerhalb von 10 Sekunden im gesamten SEPA-Raum abgewickelt werden. Sie sind jederzeit verfügbar, auch an Wochenenden und Feiertagen, und werden seit 9.Oktober 2025 von allen Banken in der EU als Standard angeboten. Die Kosten dürfen nicht höher als für eine herkömmliche Überweisung sein.

Die bisherige Höchstgrenze von 100.000 Euro entfällt, aber Kontoinhaber können eigene Limits festlegen. Wichtig dabei ist, dass der IBAN-Name-Check obligatorisch ist, bei dem der Name des Empfängers mit der IBAN abgeglichen wird, um die Sicherheit zu erhöhen. Ein Ampelsystem zeigt die Übereinstimmung an, die Zahlung kann aber trotzdem freigegeben werden. Stimmen die Daten nicht überein, wird aber generell empfohlen, die Überweisung nicht durchzuführen, sondern die eingegebenen Daten nochmals zu prüfen oder den/die Empfänger zu kontaktieren. 

Denn ein wichtiger Unterschied zu herkömmlichen Überweisungen ist, dass Echtzeit-Überweisungen nicht einfach gestoppt werden können. Eine Rückholung ist nur mit Zustimmung der Empfängerbank möglich, was im Falle eines versehentlichen Fehlers nicht immer gelingt. 

Vorteile für uns Konsumenten sind zum Beispiel die Möglichkeit, im Restaurant eine gemeinsame Rechnung aufzuteilen, ohne dass Kleingeld oder komplizierte Rechnungsaufteilungen nötig sind. Vergessene Zahlungen können unmittelbar durchgeführt werden und so Mahngebühren vermieden werden. Auch sofortige Zahlungen wie z.B. beim Gebrauchtwagenkauf, wo bisher größere Bargeldsummen abgehoben werden mussten, können so transparent und risikoloser durchgeführt werden.