Dieser letzte Tagebucheintrag ist der einzige, der nicht bereits im Jahr 2007 entstanden ist. Den letzten Tag im Capgemini Office überspringe ich und berichte 17 Jahre später nur mehr von der Besichtigung der größten Moschee von Mumbai, bevor der Flug heim geht.
Haji Ali Dargah
Die Moschee Haji Ali ist das größte Sehenswürdigkeit in Mumbai, daher ist sie am letzten Tag meines Aufenthalts in Mumbai auf meiner ToDo-Liste.
Die Moschee, die im 19. Jahrhundert erbaut wurde, liegt auf einer kleinen Insel vor Mumbai und ist nur über eine Art Damm zu erreichen und steht jeder Religion offen.
Das Inselmausoleum beherbergt den Sarg von Pir Haji Ali Shah Bukhari, einem muslimischen Heiligen, der während einer Pilgerreise nach Mecca verstarb. Der Legende zufolge schwamm der Sarg mit dem Verstorbenen auf wundersame Weise über das Meer und endete an der Küste von Mumbai. Diesem größten islamischen Heiligen seiner Zeit zu Ehren wurde die Moschee Haji Ali erbaut. Die Haji Ali Dargah ist ein indo-islamisches, architektonisches Meisterwerk und zieht jährlich tausende von Pilgern und Besuchern in ihren Bann.
Das wunderschöne Kuppelgebäude mit dem herrlichen Minarett, das atemberaubend schön geschmückte Innere der Moschee Haji Ali ist einen Besuch auf jeden Fall wert.
Was man als Europäer auch nicht übersehen kann, sind die Bettler und Geldwechsler am Damm hinaus zur Moschee. Die Bettler haben alle möglichen Verkrüppelungen oder sind geistig gehandikapt. Sie warten auf die Almosen der Pilger und Touristen und hier kommen die Geldwechsler ins Spiel. Da die wenigsten Menschen hier 10-Rupies-Münzen in der Geldtasche haben, wechseln sie einen 100-Rupies Schein auf 9 Stück 10 Rupies-Münzen. 10% Kommission – ich denke es ist klar, wer hier wirklich verdient.
Ich bin nach diesen Wochen in Mumbai mit all den Eindrücken, den freundlichen, lebensfrohen Menschen, wo sehr viele danach brennen, mehr zu erreichen und in irgendeiner Form weiter zu kommen, noch immer überwältigt.
Die vielen Farben, Gerüche und Laute lassen einen nicht so einfach aus, aber der extreme Unterschied zwischen arm und Mittelklasse ist für europäische Augen auf Dauer auch nur sehr schwer zu verkraften. Von den wirklich Reichen, die es in dieser Millionenstadt ebenfalls zu tausenden gibt, spreche ich nicht, da ich die nicht wirklich gesehen habe.
Das gleiche gilt auch für die Umweltsituation nicht nur in der Millonenmetropole Mumbai, sonder auch im Umland und auch in Goa, die auch für uns Europäer unvorstellbar ist, hier muß noch vieles passieren, wobei da das Wachstum des Landes und der Wirtschaft die Sache nicht einfacher macht.
Der letzte Kurstag im September 2007 wird nochmals zur Diskussion über kulturelle Unterschiede genutzt, Mailadressen getauscht und Erinnerungsfotos werden gemacht. Nach einigen Stunden sind auch meine Tickets für mein Goa-Wochenende endlich da.
Heute ist der Tag des Abschieds, unser Kursleiter redet uns nochmals ins Gewissen und baut uns trotzdem auf. Ich werde auch gefragt und lobe unser gutes Klima und die Zusammenarbeit in der Gruppe, wir besprechen aber auch einige der Unterschiede zwischen Indien und Europa, und wo jede Seite lernen muss, darauf zu achten. Unser Kursleiter spricht genau dieses Thema der Unverbindlichkeit an, das mich in den letzten Tagen oft innerlich zum Kochen gebracht hat. Dann geht’s ans Verabschieden, alle wünschen sich gegenseitig das Beste, die Mailadressen sind ausgetauscht.
Eine Kollegin, Chetna, möchte sich noch schnell mit mir fotografieren lassen. Die anderen hänseln sie, soweit ich das mitbekommen habe, schon seit Tagen und sagen mir dann, sie habe sich in mich verguckt. Aber beim Verabschieden ist sie dann im Gegensatz zu den letzten Tagen ganz schüchtern und winkt nur kurz bei der Tür und ist schon weg.
Fabian bietet mir an, den Flug nach Goa über Genovate zu buchen, man sieht, er möchte wieder einiges gut machen. Ich nehme dankend an, warte aber dann doch rund 4 Stunden, bis die Internet-Tickets da sind. Ich sitze in der Zwischenzeit halt alleine noch da und schau mir die Customizing-Schirme durch. Fabian gibt mir dann noch die Telefonnummer eines Freundes in Goa, an den ich mich morgen wenden soll.
Der Schneider ist auch mit dem Anzug fertig, ich bin gespannt, wie er passt, nachdem ich gestern bei der Anprobe mit der Jacke noch recht unzufrieden war. Man merkt die Nervosität, aber ich fühle mich gleich wohl und dem Schneider ist auch leichter. Nachdem ich draußen bin, stecken alle die Köpfe zusammen, man sieht förmlich die Erleichterung, weil ich zufrieden bin. ich muss innerlich lachen, er hat ein ähnliches Erfolgserlebnis wie wir nach einem erfolgreichen Golive!
Und morgen gehts nach Goa, was mich da wohl erwartet?
In diesem weiteren Blog zu meinem Mumbai-Aufenthalt 2007 erzähle ich von einem Umzug aus tausend Fronleichnamsprozessionen gleichzeitig, vermischt mit einem Rave beim Ganesh Visarjan, wo nach dem 10-tägigen Fest Ganesh Chaturthi tausende Ganesha-Statuen im Arabischen Meer versenkt werden.
Ich habe gerade was falsch gemacht und meine literarischen Ergüsse nicht gespeichert. Eine Stunde Schreiberei einfach weg, da brauch ich einen Schluck Whiskey, bevor ich nochmals anfange, auch wegen der Verdauung. Mit der hatte ich aber hier eh noch keine Probleme.
Mein Stammtaxifahrer wartete schon auf mich. Es ist ein älterer Mann mit weißem Haar und Bart und einem unaufgeregten Fahrstil, er kommt auch mit wenig Hupen aus. Er entschuldigt sich sogar, dass er gestern nicht da war und beklagt sich über die anderen undisziplinierten Autofahrer und Fußgänger. Diese gehen zu mindestens 2/3 auf der Fahrbahn, auch wenn der Gehsteig begehbar wäre. Dieses Verhalten ist noch ein Überbleibsel aus einer Zeit, wo hauptsächlich Ochsenkarren unterwegs waren, die man heute aber nur mehr vereinzelt in der Stadt sieht. Es passt aber nicht zu dem Verkehrschaos dieser Millionenmetropole.
Gestern habe ich mich bei Fabian von Genovate (dem Kursveranstalter) erkundigt, wann und wo ich am Freitag meine Prüfung haben werde. Er hat mich auf heute vertröstet, muss ihn daher nach der Mittagspause gleich besuchen. Unser Kursleiter teilt uns zu Beginn mit, dass heute bereits um 15 Uhr Schluss sei, es ist nämlich der letzte Tag des Ganesh-Festivals, das Ganesh Visarjan.
Auch ok, dann werde ich halt im Hotel weiterlesen, denke ich mir. Nach der Mittagspause teilt mir Fabian mit, daß er mit heute nichts sagen kann, es sei ja Ganesh-Feiertag. Jetzt bin ich aber gespannt, was mein Schneider machen wird, der mich auch von gestern auf heute Abend für die Anzuganprobe vertröstet hat. Meine indischen Kurskollegen lachen nur und meinen, dass sicher zugesperrt sein werde. Und das wissen die nicht alle schon gestern? Mein (Vor-)Urteil wird wieder bestätigt, dass die Inder nicht Nein sagen, um in keine Konfrontation zu kommen. Wenn dann etwas nicht hält, sind sie ja dann eh nicht dabei und haben mich mit ihrem Nein nicht enttäuscht. Immer wieder so aufzulaufen, damit kann man als Europäer nur sehr schwer umgehen und das macht die Zusammenarbeit über alle Kulturen und Zeiten und Entfernungen hinweg nicht wirklich einfach.
Am Heimweg macht der Taxifahrer einen Umweg, er meint die Straße sei verstopft. Als ob das etwas Neues wäre! Erst als wir zu Kreuzung beim Mumbai Central Bahnhof kommen, weiß ich, was er meinte. Tausende Menschen tanzen und singen, machen Musik mitten auf der Straße und dazwischen fahren die LKWs in allen Größen mit den Ganeshas in allen Größen. Ich gehe rasch zum Internetpoint und rufe meine Mails ab und skype mit Evi, dann geht’s ins Hotel, ich will ja weiterlernen. Das ist aber leichter gesagt als getan bei diesem Lärm. An den normalen Verkehrslärm und das Hupen habe ich mich ja schon gewöhnt, aber das schlägt alles. Ich beschließe daher, mich auch ins Geschehen zu stürzen.
Man wird von diesem Sog sofort mitgezogen, aber nicht auf ungute Art, es passiert einfach. Als ich zu fotografieren beginne, bin ich sofort von einer Schar von Kindern umringt, die herumtollen und unbedingt auf ein Foto wollen. Ich mache ihnen natürlich den Gefallen, und sehe dann zu dass ich weiterkomme. Auf einmal bin ich auch mitten in eine Gruppe hineingezogen, ich erhalte ein oranges Band um die Stirn gebunden, den roten Strich auf die Stirn, die rote Farbe über den Kopf, und soll mittanzen. Also Hände in die Höhe und 20 Sekunden mitwiegen, dann reichts, sonst komme ich nicht mehr raus aus der Gruppe, wenn ich mich zu sehr „anfreunde“.
Auf den Fahrzeugen sind Ganeshas in allen Größen, eine prächtiger wie der andere. Und jedes Auto wird von einer singenden, tanzenden Menschengruppe begleitet, und je lauter man ist desto besser. Das alles erinnert an tausend Fronleichnamsprozessionen gleichzeitig, vermischt mit einem Rave, also eigentlich unvorstellbar. In der Zwischenzeit ist der Akku der Kamera leer, also gehe ich zum Hotel zurück, ich möchte ja auch noch versuchen, meinen Anzug zu probieren. Die rote Farbe geht beim Duschen überraschend leicht runter, das T-Shirt muss in die Wäsche. Die Shoppingmall ist geschlossen, mein Urteil ist wieder einmal bestätigt. Warum kann der Schneider am Vorabend nicht sagen, dass es da nicht geht, aber… siehe oben!
Während der Akku noch auflädt, versuche ich in den Kursunterlagen zu lesen, aber gebe bald auf, es ist einfach zu laut. Dann geht’s wieder hinein ins Geschehen. Der Lärm, die Farben, die Gerüche, der Gestank, es ist unmöglich das alles so wiederzugeben, wie es wirklich ist, sogar die Fotos sind nur ein müder Abklatsch dessen, was sich hier abspielt. Ein Ganesha ist schöner (wir Europäer würden auch meinen, kitschiger) als der andere und ich fotografiere und fotografiere. Und wieder bin ich mitten in einer Gruppe, muss mittanzen und versuche, wieder herauszukommen, ohne unhöflich zu sein. Immer wieder muss ich noch einmal abdrücken, alle freuen sich dann.
Mittlerweile ist schon mehr als eine Stunde vergangen und ich bin schon recht weit gegangen, das Gedränge wird immer größer, aber es dürfte trotzdem noch ein schönes Stück bis zur Bucht von Chowpatti sein, also drehe ich um, ich will noch vor Mitternacht im Hotel sein, sonst kann ich mich morgen Vormittag nicht wach halten. Da nützt selbst das Redbull mit der Dose aus Enzesfeld, produziert nur einige 100m von mir daheim entfernt, nichts. Unterwegs frage ich zur Sicherheit einen Polizisten nach dem Weg, verirren möchte ich mich in dem Chaos, wo man kein Taxi bekommt, hier nicht. Er erklärt es mir höflich und genau und ruft mich dann nochmals zurück und bittet mich auch ihn und seine Kollegen zu fotografieren, sie würden nie auf einem Bild sein. Wie immer werde ich gefragt von wo ich komme und muss den Unterschied zwischen Austria und Australia klären, wie heute mindestens schon zehnmal.
In meinem Aufzug werde ich von den Einheimischen wohlwollend bestaunt, besonders die Frauen finden das anscheinend toll, das sieht man an ihrem verschmitzen Lächeln und den blitzenden Augen, die nicht ausweichen, aber gar zu offensichtlich darfs auch nicht sein. Ich bin dann doch froh, beim Hotel zu sein und dem Trubel zu entkommen und schlafe trotz des Lärms rasch ein.
Ein Ziel meiner Mumbai-Reise im September 2007 war auch, die Kollegen meines indischen Teams kennenzulernen. Da das während des SAP-Kurses während der Woche nicht möglich war, vereinbarten wir ein Treffen am Sonntag-Nachmittag in ihrem Office. In einem ehemaligen Industriekomplex wurden die Fabrikationshallen in Büros umgebaut, aber in anderen Dimensionen als wir in Europa gewohnt sind. Hier arbeiteten hunderte Menschen in einem Großraumbüro ohne natürlichem Licht, nur getrennt durch körperhohe Paravents.
Heute ist Sonntag, ich habe mich einmal ausgeschlafen und bin erst um ½ 10 zum Frühstück. Dann überwinde ich mich und arbeite mich nochmals durch das Pricing und alles seine Parameter, schließlich will ich die Prüfung am Freitag ja auch schaffen!
Um 12:30 muss ich dann wegfahren zum Capgemini Office, das ca. 30 km außerhalb im Nordosten vom Mumbai liegt. Wir fahren mit dem Taxi wieder an Lalbaugh Cha Raja vorbei, die Menschenschlange ist heute – ohne Übertreibung – kilometerlang, da hätte ich mich sicher nicht mehr angestellt!
Dann geht’s vorbei an relativ schönen Häusern (verglichen mit dem, was ich bisher in Mumbai gesehen habe) und dann wieder fast slumartigen Siedlungen, bis wir dann auf den Eastern Express Highway kommen. Hier gibt’s sogar markierte Fahrspuren und ganz wenig Verkehr, drum hält sich auch keiner an die Spuren und der nachkommende Fahrer hat wieder einen Grund zu hupen, sonst wäre es ja halb so spannend.
Bei meinem Taxi beträgt die Höchstgeschwindigkeit maximal 40 km/h, das hält den Fahrer aber nicht davon ab, auf der ganz rechten Spur (hier ist Linksverkehr!) zu fahren, was natürlich die Nachkommenden zum Hupen zwingt…
Endlich kommen wir in die Gegend von Vikhroli, das Godrej Memorial Hospital wird auch schon angekündigt, da muss ja dann auch der Godrej Industrial Complex nicht weit sein. Der Fahrer weiß jetzt nicht genau wo er hin soll und daher soll ich ihm es erklären. Ich versuche ihm klarzumachen, dass eigentlich er der Ortskundige sein sollte und nicht ich, bis er abbiegt und bei einem Tor einen Security fragt, der uns dann eine Ausfahrt zurückschickt. Richtig, da ist auch Capgemini auf der Tafel zu finden. Der Fahrer fährt in das Areal hinein, bis er wieder von einem Security gestoppt wird, der ihn zum Umdrehen zwingen will. Ich mache ihm klar, dass wir genau richtig sind und hier aussteigen will, er ist aber total fertig, anscheinend weil er mich nicht bis vor die Tür fahren kann. Dafür verlangt er dann 350 Rupies, das ist der höchste Betrag, den ich bis jetzt im Mumbai bezahlt habe.
Der Security bringt mich zum Wächterhäuschen, wo ich mich in eine Liste eintragen soll, und auf die Tafel hingewiesen werde, dass das Fotografieren verboten ist. Schade, denke ich mir später, ich hätte so gern die Kläranlage vor dem Eingang zu Capgemini 1 auf meinen Chip gebannt! Unser Mitbewerber, Accenture, ist auch ein paar Häuser vorher da, Sony hat auch ein Büro hier, das ganze Gelände wirkt aber mehr wie ein Schwerindustriekomplex als eine Software-Schmiede. In der Eingangshalle gibt es zwar die vertrauten Poster genau wie in Wien, aber sonst wirkt es trotzdem, schwer zu erklären, woran das zu erkennen ist, richtig indisch.
Der Security kann mit dem Namen Swapnil „XX“ – so heißt mein Kollege – überhaupt nichts an und weiß nicht was er mit mir machen soll. Ich will ihn gerade am Handy anrufen, da kommt er bei der Tür herein. Bevor wir weitergehen dürfen, wird noch die Seriennummer meines Notebooks in die Besucherliste eingetragen, damit ich kein neueres heraustrage.
Eine riesige Halle mit vielen Kojen zeigt sich nun, es ist schwer abzuschätzen, wie viele Menschen hier arbeiten. Swapnil führt mich durch und über eine Stiege in den 1.Stock wo es ein bisschen kleiner und übersichtlicher ist, zu seiner Koje, die wie alle anderen auch, mit 4 Arbeitsplätzen ausgestattet ist. Ich kann mich auf den Platz von Abdul setzen, wir starten unsere Notebooks und Swapnil lädt mich zu einem kleinen Rundgang und etwas zu trinken ein. Als Europäer ist es schwer vorstellbar, hier dauernd zu arbeiten, ich glaube ich würde einen Koller bekommen, dabei ist heute am Sonntag fast niemand da. Bin schon gespannt, wie das nächsten Montag wird.
Wir gehen dann die nächsten Stunden alle seine Fragen zum griechischen Demerger-Projekt durch, es ist wirklich gut, so zusammenzuarbeiten. Ich bespreche dann auch unsere Kommunikationsprobleme, die wir immer wieder haben, weil ich in Wien immer wieder das Gefühl habe, dass sie nicht auf meine Anfragen reagieren. Ich hoffe, dass wir das so auch einmal klären können. Aber zum Thema Kommunikation werde ich später nochmals etwas schreiben.
Swapnil macht mit seinem Auto, einem kleinen Hyundai, noch eine Runde und zeigt mir noch Mumbai 2, die beiden weiteren Gebäude (3+4) liegen auf der anderen Seite der angrenzenden Bahnlinie, da kommt man anscheinend nicht so einfach hinüber. Er bringt mich einige Kilometer bis zum nächsten Taxistandplatz, von wo ich dann wieder in die Stadt zurückfahren kann. Er hat mir auch noch erzählt, dass Accenture für einem Consultant von Capgemini bis zu 50% mehr Gehalt bezahlt, weil jeder weiß, dass die Ausbildung der Capgemini-Mitarbeiter über dem üblichen Niveau ist, dafür aber relativ schlecht gezahlt wird.
Am 22.9.2007 ist das Verkehrschaos in Mumbai noch größer als sonst, weil tausende Ganeshas in der Chowpatty Beach rituell versenkt werden. Natürlich musste ich da die halbe Nacht dabei sein, wie ich in diesem Tagebucheintrag beschreibe. Ein Rezept für ein veganes Biryani, und ein Chinesisches Huhn mit Gemüse, womit ich meinen Hunger gestillt habe, ist ebenfalls dabei.
Die letzten Tage habe ich es nicht geschafft etwas zu schreiben, obwohl doch einiges passiert ist.
Am Donnerstag spielte es sich noch mehr als üblich auf den Strassen ab, alle möglichen und unmöglichen Fahrzeuge waren mit weit mehr Menschen besetzt unterwegs, um die mittelgroßen Ganeshas zum Meer zu bringen und dort beim sogenannten Ganesh visarjan, (immersion,Versenkung) und zu versenken.
Da musste natürlich gefeiert werden und alle trafen sich dazu an der Kreuzung beim Mumbai Central Bahnhof auf dem Weg zur Chowpatti Beach.
Nachdem ich vom Internetpoint zurück war, habe ich mich sofort mit dem Fotoapparat bewaffnet und bin wieder zurück und mitten ins Geschehen hinein. Die Polizei hat in der Zwischenzeit begonnen, den Verkehr um die Feiernden herumzuleiten, was natürlich zu noch mehr Hupkonzerten führte als es eh sonst schon war. Dazu kam das ohrenbetäubende Trommeln und dazu ein Pfeifen und eine Art Gong wurde auch mit einem Hammer geschlagen, einfach unbeschreiblich laut!
Alle tanzen, der Lastwagen, der dort steht hat mindestens 10 Ganeshas drauf, dazwischen sitzen die Menschen und feiern und hinten folgt noch eine Prozession tanzender Menschen. Das Ganze wird noch von einem riesigen starken Scheinwerfer vom Dach des Lastwagens aus beleuchtet. Dazu habe sie sogar ein fahrbares Notstromaggregat angehängt.
Und immer wieder überholen andere Fahrzeuge, die jungen Leute sitzen praktisch überall, sogar am Dach der Lastwagen, es wundert mich, dass niemand in diesem Chaos herunterfällt. Immer wieder kracht es und irgendwo wird eine Leuchtrakete abgeschossen.
Vor dem Zug legen jetzt 2 Männer etwas aus, was ich erst am Schluss, als eine mindestens 10 Meter lange Reihe von Krachern erkenne. Schon beginnt man es anzuzünden, das braucht 3 oder 4 Versuche, dann beginnt die Schlange unter lautem Getöse und Rauch zu entzünden.
Am Straßenrand, hier am Eingang zu einem Markt, stehen die Leute und sehen zu, auch an jedem Fenster an der Straße steht jemand. Jeder, ob jung oder alt, will an diesem Spektakel teilhaben. Jetzt weiß ich auch, woher viele Leute so rot im Gesicht und auch auf der Kleidung sind, einer aus der Gruppe streut aus einem Kübel ein rotes Farbpulver über die Anderen, das sieht fast gespenstisch aus. Ich gehe lieber etwas in den Hintergrund, wer weiß, wie das wieder runtergeht!
Es ist aber aus einem anderen Grund ganz gut, etwas im Hintergrund zu bleiben. Ein paar Männer bringen eine Schachtel, aus der einige Zündschnüre herausschauen und versuchen, sie mitten auf der Strasse anzuzünden. Wieder klappt das nicht auf Anhieb, es braucht mehrere Versuche, das zu zünden, eigentlich lebensgefährlich!
Dann krachts und ein Feuerregen springt heraus, alles raucht und stinkt, auch kleine Leuchtraketen starten aus der Schachtel und die Trümmer fliegen herum.
Ein paar Männer der Gruppe versuchen eine Menschenpyramide zu errichten, sie schaffen es bis zur dritten Ebene, als der oberste dann eine Fahne auch noch schwenken will, bricht der Turm zusammen.
In der Zwischenzeit bin ich hungrig geworden und beschließe, ein Restaurant in der Nähe zu besuchen, das mir schon ein paar Mal aufgefallen ist. Ich werde in den ersten Stock geleitet, dort befindet sich der noch schönere klimatisierte Teil. Dadurch ist es hier fast kalt im Vergleich zu draußen. Ich bestelle als Vorspeise etwas mit Banane, bin gespannt, was das ist und ein Biryani als Hauptgang. Das Cola ist klein und trotzdem teurer als überall anders, ich bin wirklich in einem besseren Lokal. Während ich warte, beginnt sich das Lokal langsam zu füllen, Familien mit Kindern, junge Pärchen kommen, sie sind anscheinend alle hungrig vom Ganesha schauen. Eine Familie mit 3 Kindern spielt mit ihren Handys herum, genau wie bei uns haben sie auch mindestens 4 Stück davon. Die Handydichte ist ziemlich groß, anscheinend hat jeder, der einen Job hat auch ein Handy. Angeblich sind 2/3 aller indischen Handys hier in Mumbai!
Jetzt kommt auch mein Essen, Vor- und Hauptspeise gleichzeitig, sie wollen mir auch das Biryani gleich aufs Teller geben, ich möchte aber trotzdem die Vorspeise zuerst aufessen. Die entpuppt sich als eine Art Bananenpizza mit frischen Korianderblättern drauf und gebacken, ein echt interessanter eigener Geschmack! Ich bin davon fast schon satt, da schaffe ich die Hauptspeise sicher nicht komplett. Das Birhani ist mit Tofuwürfeln, das ist aufgrund der Schärfe richtig angenehm. Leider hat mir niemand gesagt, dass es da gar nichts dazu gibt, ich brauche unbedingt diese Fladen/Pfannkuchen dazu. Es würde mir ja schmecken, aber ich muss nach der Hälfte aufgeben, ich bin einfach satt.
Als ich hinauskomme, schüttet es in Strömen und ich habe nichts mit zum Überziehen. Nach ein paar Minuten Warten mache ich mich doch auf den Weg zum Hotel, es sieht nicht so aus, wie wenn es bald aufhören würde. Nach diesen paar Minuten bin ich bis auf die Haut nass, ich kann das tropfende Hemd und die Hose nur mehr in der Dusche aufhängen.
Gestern wurde mir gesagt, dass ich auf jeden Fall nächsten Freitag zur Prüfung antreten kann. Da muss ich noch viel lernen, da muss das Wochenende genutzt werden. Ich werde mich aber am Sonntagnachmittag trotzdem mit Swapnil bei Capgemini treffen, damit wir das Griechenland-Projekt besprechen können und ich ihm ein paar Dinge zeigen kann.
Heute war nur Lernen und Üben angesagt, ich habe meine Unterlagen systematisch durchgearbeitet, dabei sind wieder ein paar Sachen aufgetaucht, die ich noch nicht in meinem Blueprint eingebaut habe. Schön langsam wird wirklich etwas daraus. In der Nacht, weil ich nicht einschlafen konnte, habe ich zur Ablenkung auch noch den Blueprint für die Anlagenbuchhaltung überarbeitet, dann wars auf einmal 4 Uhr in der Früh…
Ich bin dann am Morgen nur kurz zum Internetpoint, um mit Evi über Skype zu chatten, meine Schwester ist auch zu Besuch bei ihr, die ist natürlich auch neugierig, wie es mir geht.
Nachdem ich nach dem Frühstück nichts mehr gegessen habe, macht sich auch schön langsam der Hunger bemerkbar. Ich möchte mir was gönnen und beschließe zu den Hilton Towers zu fahren, da mir ein Kollege vom Kurs gesagt hat, dass es dort Spitze Essen sein soll, no na.
Vorher gehe ich aber noch zu Shoppingmall, ich brauch noch was zu trinken für das Zimmer. Dort gibt’s auch einen Anzugschneider, ich schaue mir etwas an und habe mir im Nu auch schon etwas ausgesucht und werde schon vermessen. Um 2500 Rupies, das entspricht rund 50 Euros, kann man da wirklich zuschlagen. Am Montag ist Anprobe und am Mittwoch ist er fertig. Ich bin gespannt, wenn er ok ist, bestelle ich noch einen und auch noch ein paar Hemden.
Dann geht’s mit dem Taxi Richtung Hilton Towers, das liegt auch am Meer, nur einige Kilometer von Chowpatti entfernt. Nach einer Weile beginnt es wieder zu regnen, und ich spreche den Fahrer drauf an. Der glaubt, er müsse sofort die Fenster schließen und fährt an den Rand und schneidet dabei einem Moped den Weg ab. So schnell kann ich gar nicht schauen und der Beifahrer ist schon abgesprungen und greift beim Fenster herein und gibt dem Fahrer eine Ohrfeige, ein zweiter packt ihn auch noch und auf einmal reißt noch einer die Beifahrertür auf und greift herein. Ich bin sprach- und hilflos und mein Mut, etwas zu unternehmen ist auch gegen Null. Gott sei Dank (der Fahrer hat sicher Ganesha gedankt) kann er sich losreißen und wegfahren.
Wir fahren am Victoria Terminal vorbei und biegen dann Richtung Küste ab, schön langsam kann ich die Richtungen schon zuordnen und irgendwie denke ich mir, daß mein Fahrer kompliziert fährt. Die Straßen werden besser, die Gehsteige sind befestigt und sauber, es gibt Ampeln, die neuen Autos werden mehr, sogar 2 Mercedes sind dabei, wir befinden uns eindeutig in einem der nobleren Teile Mumbais. Hier gibt es auch Markierungen für die Fahrspuren, das wird aber hauptsächlich von den Taxis nicht einmal als Vorschlag zur Kenntnis genommen und man fährt irgendwo dazwischen und ist dadurch immer wieder einem anderen Fahrzeug im Weg, aber dafür gibt’s ja die Hupe.
Dann sind wir beim Hotel, ich sehe wieder die Bucht und die beleuchtete Skyline bis hinter Chowpatti und beschließe, zuerst da ein bisschen entlang zu spazieren und ein paar Fotos zu versuchen. Dabei werde ich wieder einmal von einer Mutter mit 2 Buben angebettelt, ich gebe ihr etwas, auch wenn das nicht wirklich hilft, aber mir fehlt es umgekehrt auch nicht.
Ich gehe dann in das Trident Hotel hinein und suche das Restaurant „Indiana Jones“, das sieht wirklich toll aus und ich bekomme auch einen schönen Platz. Die Erdnüsse sind scharf, viel Wasabi, das kommt erst hinten nach. Das Essen, ein chinesisches Huhn mit Gemüse ist auch lecker. Und nachher gibt’s einen Cappucino, der erste Kaffe in Indien. Der ist ziemlich stark, ich werde wieder nicht einschlafen! Dazu bringt der Kellner noch ein Gefäss mit Bonbons, ich koste eines, wieder ein ganz neuer Geschmack, zuerst süß, dann ähnlich wie Essig und am Ende kommt es noch scharf nach.
Zum Abschluss sehe ich mir noch die Bar „Opium Den“ im Hilton an, der Reiseführer empfiehlt sie auch. Sie ist wirklich edel und der Taiquiri mindestens so teuer wie bei uns, er war aber auch gut.
Die Rückfahrt geht dann rascher und auch ohne Zwischenfälle, der Fahrer fährt so wie ich es auch getan hätte, ich kenne mich ja schon aus in Mumbai!
Leider gab es im September 2007 noch keine Möglichkeit für Nicht-Inder, die SAP Zertifizierung gleich vor Ort zu machen, ein Jahr später war das bereits selbstverständlich
Ich habe gestern im Internetpoint noch ein Mail an Fabian geschrieben, sonst glauben meine Kollegen in Wien, ich habe gekniffen. Dabei hätte ich gern die Prüfung gemacht, ich bin ganz gut drin und habe den Unterschied zu meinen Kollegen innerhalb von ein paar Tagen wieder aufgeholt. Der SD-Business-Blueprint, den ich zwar in Deutsch aufgebaut habe, hat mir sicher dabei geholfen, in den 6 Monaten nicht alles zu vergessen. Ich habe nur manchmal ein Problem mit den englischen und deutschen Bezeichnungen, da man nicht alles so einfach übersetzen kann.
Fabian teilt mir mit, es täte ihm leid, aber es gäbe keine Möglichkeit die Prüfung am Freitag zu machen. Genau genommen hab ich eh nicht mehr dran geglaubt. Dafür schlägt er mir vor, das Wochenende in Goa zu verbringen und nicht in der stinkenden Stadt. Ich werde mir das bis morgen überlegen und ein bisschen im Internet forschen, was die Flüge so kosten.
Goa ist ca. 600km südlich von Mumbai und mit dem Flugzeug in einer Stunde zu erreichen. Der Flug hin-retour kostet runde 140 Euro, also werde ich das machen.
Ich wollte im September 2007 über diesen Tag meines Mumbai-Aufenthalts gar nichts schreiben, aber rückblickend betrachtet ist mein persönlicher Culture Clash, der einen Lernprozess bei mir einleitete, das wirkliche Thema in diesem Tagebucheintrag zu einem nicht besonders ereignisreichen Tag.
Eigentlich wollte ich heute gar nichts schreiben, aber jetzt gibt’s es doch einiges, das ich loswerden möchte.
Am Morgen war der Frühstücksraum überfüllt und kein Platz zu bekommen, nach 10 Minuten wurde dann endlich ein Tisch frei. Ich holte mir meine Cornflakes, auf einmal stellten 2 Inder ihre Teller wortlos her und setzten sich. Das ist so eines der Dinge, die anscheinend nicht nur über Skype nicht funktionieren, und das ist die Kommunikation mit anderen, die man nicht kennt. Es wird so getan, wie wenn die anderen nicht da wären, so nach dem Motto, ich nehme auf dich nicht Rücksicht, dafür musst du auf mich Acht geben. Das ist im Straßenverkehr so, der, der vorne ist, gibt den Ton an und die hinten können hupen, aber im Prinzip ist das egal. Oder wenn jemand durch eine Tür geht, wird die ausgelassen und kann zuknallen, egal ob jemand nachkommt.
Höflichkeit ist gegenüber Fremden nur geschäftlich, aber nicht alltäglicher Umgang. Niemand sagt in der Früh Guten Morgen, wenn er einen Raum betritt, begrüßt werden maximal Freunde. Das haben mir meine Kurskollegen erklärt und sie finden das eigentlich gar nicht so toll, sie bemühen sich jetzt sichtlich, einen etwas anderen Umgang zu pflegen. Damit wird mir die Kommunikationsweise meiner beiden Capgemini-Kollegen auch klarer, auch wenn sie mich weiterhin auf die Palme bringen wird.
Beim Überqueren der Straße bin ich im Prinzip ja geübt, aber heute wäre ich doch fast mit einem Pferd zusammengerannt, weil damit rechnet man ja als Europäer nicht wirklich. Kaum verschnauft und umgedreht, steht das zweite (eh mit Reiter) hinter mir. Zu den tierischen Erlebnissen gehört auch, dass ich gestern das erste Mal einen Hund gesehen habe, der am Motorroller mitgefahren ist!
Am Abend war ich beim McDonalds, davon gibt’s einige in Mumbai, einen schräg vom Hotel. Es war lecker indisch, aber wenn man nicht auf die Straße gesehen hätte, hätte es (fast) irgendwo auf der Welt sein können. Die Preise sind um einiges niedriger, aber für indische Verhältnisse doch gehoben, ein BicMac Menu kostet 120 Rupies, das ist etwas mehr als 1 Euro. Das Publikum ist richtig gemischt, aber doch eher die Oberschicht, aber es war genauso ein moslemischer Opa im Hawai-Hemd mit Tochter mit Kopftuch (sonst wäre ich nicht auf Moslems gekommen) und Enkeltochter in Jeans und T-Shirt dabei. Zwei tratschende Freundinnen, es sah so aus wie wenn es die gleichen Themen wie in Europa wären, versandten dazwischen SMS. Nur Türsteher in Uniform gibt’s in Europa beim Mäci nicht.
Als ich zum Zimmer gehe, wartet schon der Hotelboy, der für mein Zimmer zuständig ist. Er sagt, meine Wäsche sei fertig, ob er sie bringen könne. Natürlich, ich bin gespannt, wie alles aussieht. Ich habe heute in der Früh Hemden, T-Shirts, Hosen, Unterwäsche und Socken zum Waschen gegeben.
Jetzt ist alles retour, sauber und gebügelt und an jedem Stück, auch an jeder Socke, hängt ein Zettel mit der Zimmernummer.
Heute habe ich zum Zähneputzen das erste Mal Himalaja -Wasser verwendet, bin gespannt, wie sich das auswirkt! Dieses Wasser gibt’s in der Shoppingmall günstiger als die Flasche Wasser im Hotel – obwohl das bei einem Preis von 25 Rupies eigentlich egal ist. Das Einzige, worüber man schon nachzudenken beginnt, ist dass wir zuhause das Wasser aus der Leitung trinken können und es gar nicht zu schätzen wissen.
Einer meiner Kurskollegen meinte, die Elefanten-Insel sei ein Tagesausflug, daher bin ich sofort nach dem Frühstück los. Der Taxifahrer wollte mir wieder eine Tour einreden, ist gar nicht so leicht die abzuwimmeln.
Die Boote fahren vom „Gateway to India“ ab. Das ist eine Art Bogen der 1924 nur für den Besuch des englischen Königs George V. im Hafen gebaut wurde und imposant aussieht. Direkt dahinter steht das Nobelhotel „Taj Mahal Palace & Tower“, links das historische Gebäude und rechts der Hochhausneubau.
Sofort nach der Ankunft werde ich von „Guides“ überfallen, die mir ihre Dienste anbieten oder den Führer zu weit überhöhten Preisen verkaufen wollen. Sie erklären, dass auf der Insel alles noch teurer ist (was laut Reiseführer nicht stimmt) und man so quasi ohne sie verloren sei. Ich schaffe es trotzdem, sie alle abzuwimmeln und mein Ticket für das Boot zu bekommen. Es wartet schon, direkt unterhalb des „Gateway to India“. Kaltes Wasser in Flaschen gibt’s auch direkt vorm Einsteigen, das ist sicher notwendig. Nachdem ich gerade heute meine Kappe vergessen habe, lasse ich mich zum Kauf eines Hutes überreden, über den ich dann später noch recht froh bin.
Eine Unzahl von bunten Booten wartet darauf, die Touristen zur Insel zu bringen, auch wenn sie schon recht alt zu sein scheinen, sind sie auf den ersten Blick doch vertrauenserweckend. Der Ausflug zur Elefanteninsel scheint eher eine Sache der Upperclass zu sein, die Passagiere sind alle besser gekleidet und haben das Auftreten von Geschäftsleuten oder Ähnlichem. Zwei ältere Damen ganz in Weiß werden von einem Diener oder Butler begleitet, der sie während der Wartezeit vorm Boot mit einem Sonnenschirm schützt und dann auch beim Einsteigen behilflich ist. Ich muss mich morgen erkundigen, wer das sein könnte. Bei den jüngeren Leuten sieht man den Unterschied nur bei den Mädchen oder Frauen, die Männer sind fast alle gleich mit Hose und Hemd gekleidet und wirken zumindest auf mich eher schlampig, während ihre Partnerinnen tolle Saris und schönen Schmuck tragen. Manche sind aber auch ganz westlich in Jeans und T-Shirt bekleidet. Viele haben Henna-Malereien auf ihren Händen. Alle, von jung bis alt haben aber ein Piercing im linken Nasenflügel, wo man auch wieder die Unterschiede von der Modeschmuckblume bis zum Diamanten sieht.
Die Fahrt dauert rund eine Stunde und führt an vielen Supertankern und Schiffen für den Öltransport und an Raffinerien vorbei. Beim Aussteigen geht’s über ein bereits angelegtes Boot drüber und wir werden sofort wieder von Indern, die ihre Dienste anbieten und sich als Führer betätigen wollen, vereinnahmt. Man muss resolut auftreten, sonst hat man keine Ruhe. Um 10 Rupies gibt’s ein Ticket für den Minizug über die doch recht lange Mole wer weiß wie weit. Der erste Zug ist überfüllt, ich warte mit einigen Touristen auf den nächsten, das dauert gar nicht lange, nach gut 5 Minuten sitzen wir auch drin. Am Ende der Mole geht’s um eine Kurve und dann noch rund 100 Meter weiter bis zur Endstation, das wäre zu Fuß auch kein Problem gewesen.
Dort heißt es dann 10 Rupies Eintritt zu bezahlen, ich wundere mich noch, dass der Reiseführer einen Extraeintritt für Ausländer nennt, da ist keine Rede davon. Dann geht’s auch schon den Berg hinauf, wer möchte, kann sich von 4 Indern mit einer „Sänfte“, einem Holzsessel, der an 2 Stangen gebunden ist, hinauftragen lassen, kostet 300 Rupies hin/retour. Das kommt mir aber dann doch zu dekadent vor. Links und rechts sind wieder die Standeln mit den Glücksbringern und Andenken, ich schwindle mich durch, ohne zu viel zu schauen, ich mache das erst am Rückweg. Eine eher dicke ältere Engländerin lässt sich hinauftragen, die 4 Träger sind mit ihrer Last unter dauernden „Away“-Rufen ziemlich rasch unterwegs, sie sind sicher froh, wenn sie ihre Last wieder los sind. Hier sind auch die ersten Affen zu sehen, die auf einer Tafel als die eigentlichen Herren der Insel bezeichnet werden. Sie sind recht putzig und ein willkommenes Fotomotiv für alle Touristen. Die Hitze ist extrem, doch dann sind die Stufen endlich zu Ende und der Eingang zu den Kultstätten ist da. Hier stimmt’s dann, wieder Eintritt zahlen, 10 Rupies für Inder, 250 Rupies für Ausländer, die EU mit ihrer Gleichbehandlung ist da weit weg und der Reiseführer hat doch recht.
Ein paar Meter weiter ist der erste und größte Shiva-Tempel, eine Säulenhalle, die im 7. Jahrhundert nach Chr. in den Felsen hinein gehauen wurde. Imposant sind die Götterstatuen an den Wänden, die zwar schon alle in eher schlechtem Zustand, aber trotzdem beeindruckend sind und zu den bedeutendsten Werken hinduistischer Bildhauerei überhaupt und so auch zum UNESCO-Kulturerbe gehören. Bei den älteren Indern sind das nicht nur antike Steine, sondern sie werden wirklich verehrt, sie ziehen die Schuhe aus, beten und singen auch und schmücken die Schreine mit Blumen.
Vorbei an weiteren Höhlentempeln und bunt blühenden Bäumen geht es den Hügel der Insel hinauf, dann ist der schöne breite Weg zu Ende. Ein Wegweiser zeigt zum „Cannon Hill“, der von hier in ein paar Minuten erreichbar sein soll. Bin gespannt, warum der so heißt, aber nachdem auch hier Kriege geführt wurden, kann ich es mir denken. Der Weg führt wieder steil durch den Wald bergauf, ohne schützendes Blätterdach wäre die Hitze noch unerträglicher. Dann sehe ich neben dem Weg die erste Heilige Kuh in „freier Wildbahn“, nachher sehe und höre ich noch einige. Wie ich mir gedacht habe, gibt’s hier zwei riesige Kanonen mit Unterstand, der Ausblick hinunter aufs Meer ist aber noch viel interessanter.
Ich wandere einen flacheren Weg zurück, bis ich wieder beim Eintritt bin. Sitzen ist jetzt auch schon gut und ich kaufe mir bei einem Imbiss ein Cola und sehe den Affen zu, die hier ähnlich wie bei uns das Essen stibitzen, wenn sie können.
Auf dem Weg die Stufen hinunter muss ich natürlich auch einige Sachen kaufen, da kommt man nicht daran vorbei. Zuerst ist es ein kleiner aus Marmor geschnitzter Elefant, dann ein Bild von Ganesha, auf einen Blatt gemalt. Weiter unten wird’s dann nach langen Verhandlungen, die mir schon peinlich sind, noch ein aus Holz geschnitzter und 2 Zinn-Ganeschas. Und weil sie so schön bunt sind, kaufe ich dann auch noch einen aus Stein. Auch wenn das alles praktisch nichts kostet, ist es nun genug und ich mache mich auf den Weg zum Boot. – Bild Ganeshas
Die Affen sitzen fad am Rand herum, einem komme ich anscheinend zu nahe, er erschrickt und knurrt mich an. Unterwegs kaufe ich noch einen frisch gegrillten Maiskolben, der mit Limettensaft eingestrichen wurde, das ist richtig lecker. Der Minizug steht nicht da, darum gehe ich den Retourweg zu Fuß, so weit ist das auch wieder nicht und das Warten ohne Unterstand in der Hitze wäre auch nicht lustig. Dann geht’s mit dem Boot wieder retour, der Anblick der „Gateway of India“ mit dem „Taj Mahal“ Hotel in der Hafeneinfahrt ist dann überwältigend.
Mein Mumbai-Reiseführer behauptet, dass man das Hotel besichtigen kann und ich probiere das natürlich aus. Der Anblick ist überwältigend, das Personal freundlich und ich mische mich gleich unter eine Gruppe von amerikanischen Touristen und ziehe mit ihnen durch die Gänge vorbei an den Geschäften mit allen Designern bis zur Poolbar und der Lobby als Verbindung zwischen altem und neuem Teil. Es ist wirklich wert, den Abstecher gemacht zu haben.
Kaum bin ich aus dem Hotel draußen, soll ich schon wieder Luftballons kaufen oder werde in ein Geschäft eingeladen, dabei bin ich nur auf der Suche nach einem ATM, ich habe mein Geld fast aufgebracht und kann mir sonst nichts mehr zu essen kaufen oder ins Hotel zurückfahren. Da werde ich das erste Mal von einer jungen, wirklich sehr hübschen Inderin angesprochen und sie fragt mich ob ich etwas brauche und ob sie mir helfen könne. Ich lehne dankend ab, sie will dann wissen von wo ich komme und schätzt mich nach ein paar Worten rasch als Deutsch sprechend ein, was sie mit einem Schwall von „Bittedanke-GutenTagGutenMorgen“ beweist. Ich lehne trotzdem ab, da dreht sie den Spieß um und bittet mich um Hilfe, sie sei nicht das „Bad Girl“, für die ich sie halte und warum ich so böse sei. Ich lehne trotzdem ab, da bleibt sie zurück, anscheinend weil ein Polizist weiter vorne auftaucht.
Bei der nächsten Kreuzung entdecke ich das Cafe Mondegar, das laut Reiseführer Kult ist. Da ist wirklich nicht zuviel versprochen, die Karikaturen eines Künstlers aus Goa und die Einrichtung sind wirklich cool. Das KingFisher-Bier ist kalt und der Chickenburger ist auch lecker. Im TV läuft gerade ein Kricket-Spiel, das ist der Nationalsport der Inder, darum ist auch der Tisch unter dem Fernseher frei!
Dann geht’s mit dem Taxi zurück ins Hotel, ich bin hundemüde und ich muss auch noch meine Unterlagen weiterlesen, wenn ich die Zertifizierung am Ende bestehen will.
Heute habe ich mir vorgenommen, auch ein bisschen am Ganesh-Festival teilzunehmen. es beginnt genauso genommen heute – auch wenn schon in den letzten Tagen immer wieder Umzüge mit Ganesh-Statuen gemacht wurden – und dauert 10 Tage. Zusätzlich dazu hat auch noch der moslemische Fastenmonat Ramadan begonnen.
Mein indischer Kollege Swapnil hat mir geraten, zu Lalbaugh Cha Raja zu gehen. Der Taxifahrer möchte mir unbedingt eine Tour einreden, die sicher interessant ist, doch ich habe irgendwie das Gefühl, er will mich linken und ich sage ab, auch weil ich ja bei den Ganesh Festivitäten dabei sein will. Dafür knöpft er mir 150 Rupien für die Fahrt ab, ein Drittel wäre wahrscheinlich der richtige Tarif gewesen. Warum komme ich mir bei Moslems hier immer übers Ohr gehauen vor?
Ich stürze mich ins Geschehen und lasse mich von der Menschenmenge treiben, da taucht schon der erste „Tempeleingang“, der nur fürs Festival errichtet wurde, auf. Ich gehe durch und mache mich auf die Suche nach Ganesh. Am Ende der Gasse ist dann der Tempel und eine lange Menschenschlange steht schon davor. Einige Inder laden mich ein von hinten bis zur Statue zu gehen, aber die Gottheit ist noch hinter einem Vorhang verhüllt und man erklärt mir, dass er erst in einer Stunde weggezogen wird. Das ist mir dann doch zu lange und ich gehe wieder raus. Bei einem der vielen Shops kaufe ich dann auch ein paar Ganesh Souvenirs für zuhause. Auf der Straße gehe ich wieder mit der Masse mit und biege dann in eine Seitengasse ein und gehe zur dahinter liegenden Straße. Überall wird Gemüse und Obst verkauft, es ist eine unbeschreibliche Farbenpracht. Der Trommellärm und das Pfeifen sind ohrenbetäubend und übertönen sogar das Hupen und den Verkehrslärm.
Lastwagen mit trommelnden und singenden jungen Leuten fahren vorbei, sie winken und freuen sich, dass ich sie grüße und fotografiere. Überhaupt geht trotz der Menschenmassen alles sehr gesittet zu. Die Polizei ist sehr präsent und ein starker Ordnerdienst ist auch eingerichtet. Ich gehe weiter durch die Marktstände entlang der Straße und sehe auch, woher die Hühner kommen, an einem Stand wird gerade ein großer Behälter mit Hühnerleber gefüllt. Da weiß ich, daß ich das sicher nicht esse, obwohl sie auf vielen Speisekarten zu finden ist.
Noch ein viel imposanterer Tempeleingang, aber man kann da nicht hinein, die Menge wird umgeleitet und ich schwindle mich ein paar Meter weiter in die Schlange. Ich denke ich habe mir viel erspart, aber als um die Ecke biegen ist dort eine Halle mindesten 50×30 Meter, in der wir wie in Disneyland in Schlangenlinien bis zum Securitycheck geleitet werden. Dies Überprüfung gibt es hier praktisch überall, wo mehr Menschen sind, wie zum Beispiel bei allen Shopping Malls. Kurz vorm Check wird Wasser in Metallbechern verteilt, meiner Verdauung zuliebe verzichte ich aber darauf.
Ich freue mich, daß wir jetzt gleich beim Elefantengott sind, aber leider ist da noch eine Gasse mit mehr als 100 Metern, wo sich 2 Menschenschlangen langsam dahinbewegen. Links und rechts wieder die Andenkenshops, endlich auch einer der Getränke verkauft. Ein lauwarmes Sprite hilft mir den Hitzestau und meine Trockenheit zu bekämpfen. Dann bin ich endlich auch vorne beim Tempel und es geht alles ziemlich schnell, die Menschenmenge drängt vorbei, ich kann gerade einige Fotos machen und bin schon wieder draußen. Mindestens 3 Fernsehkameras sind aufgebaut und in den Seitengassen stehen die Übertragungswagen mit ihren Satellitenantennen.
Auf der Straße geht’s mit unvermindertem Lärm weiter, ich komme raus aus dem Treiben und gehe ein paar Meter weiter, da fängt es zu tröpfeln an. Ich gehe zum nächstbesten Taxi und steige ein, da schüttet es auch schon. Das Fahrzeug hat keine Scheibenwischer und der Fahrer versucht die rutschende Kupplung mit noch mehr Schalten zu überlisten. Er schafft es aber dann trotzdem bis zum Hotel.
Ich dusche den Schweiß und Staub hinunter und werfe mich aufs Bett, schlafe sofort ein und wache erst nach mehr als einer Stunde wieder auf. Ich werde jetzt meine Bücher hernehmen und wiederholen, zum Sightseeing bin ich ja nicht hierher gekommen. 3 Stunden intensive Wiederholung machen mich einerseits sicherer, andererseits habe ich das Gefühl, überhaupt nichts mehr zu wissen. Es ist schon lang her, in dieser Form gelernt zu haben und ich fühle mich irgendwie in meine Schulzeit zurückversetzt.
Ich fülle in der Shoppingmall meine Getränkevorräte auf und lasse mir dann an der Rezeption erklären, wie ich nach Chowpatty Beach komme. Sie schlagen mir vor, mit dem Bus zu fahren, da der um diese Zeit schneller als das Taxi sei. Also fahre ich das erste Mal mit dem Bus, diese sind gar nicht so schlecht, und überfüllt ist er auch nicht. Bei der Endstation erklärt mir der Schaffner noch, wie ich weitergehen soll, um an die Bucht zu kommen. Der Ausblick ist imposant, auch in der Dunkelheit sieht man über die kleine Bucht im Arabischen Meer mit den Hochhäusern und den Leuchtreklamen obendrauf im Hintergrund. Es sind noch viele Menschen hier, sie liegen im Sand oder spazieren am Wasser entlang. Ich gehe zwar auch durch den überraschend sauberen Sand, aber gar so nahe muss ich nicht hin und keine 10 Pferde würden mich da hineinbringen. Dabei erinnere ich mich, dass ich noch vor 2 Wochen in Piräus am Hafen war.
Dann mache ich mich auf der Suche nach einem Restaurant, was aber gar nicht so einfach ist. Ich marschiere einige Straßen entlang und treffe wieder einmal auf einen Ochsenkarren, die man hier immer noch manchmal sieht. Es sind auch, so scheint es zumindest, alle männlichen Moslems auf der Straße. Sie schlendern in ihren weißen Gewändern herum oder sitzen in den Kaffeehäusern, es ist ja schon dunkel, sie dürfen jetzt essen und trinken. Endlich, am Eingang zu einer Marktgasse sehe ich ein Restaurant, das mir vertrauenserweckend vorkommt. Das Chicken Korma schmeckt dann auch lecker. Anschließend gehe ich noch durch die Marktgasse und lasse die Gerüche von Obst, Gemüse und Kräutern auf mich wirken. Zurück würde ich mit dem Bus nicht finden, daher nehme ich mir dann doch ein Taxi.
Die letzten Tage bestanden nur aus Kurs, dann schnell zum Internetpoint, die letzten Mails senden und empfangen und ein Chat mit Evi, damit sie nicht so einsam ist. Sie ist seit mittwochabends in der Schweiz, daher kein Chat übers Wochenende. Ich habe dafür mit meiner holländischen Managerin Dieske gesprochen, die wissen wollte wie’s mir so geht und wie es meinem Agfa-Projektkollegen Swapnil mit den Demerger-Änderungen für Griechenland geht. Ich habe nachher Swapnil vorgeschlagen, dass er mich im Hotel anrufen soll, das ist einfacher als ein Chat im Internetpoint. Ich bin aber komischerweise nur am Badezimmertelefon erreichbar. Hat aber dann trotzdem funktioniert mit Laptop am Bett und die Telefonschnur in die Länge gezogen. Wir werden uns nächsten Samstag im Capgemini-Office hier in Mumbai treffen und ein paar Stunden gemeinsam arbeiten und uns auch kennen lernen.
Heute ist unser Trainer nicht erschienen, so haben wir halt ganzen Tag geübt, das war auch ganz gut so. Ich habe dann noch meine Agfa-Arbeiten erledigt und schon um 17:30 Schluss gemacht. Nachdem mir Manuel vorgeschlagen hat, aufs Dach des Hotels zu gehen, musste ich das natürlich gleich machen und den Ausblick über Central Mumbai mit der Kamera festhalten. Auch von hier ist es umwerfend und für europäische Augen schwer nachzuvollziehen.
Ich will noch rasch einen Orangensaft trinken, stoße aber das Glas mit der Wasserflasche um, Gott sei dank bin ich im Badezimmer. Ich rufe den Zimmerservice, der auch rasch kommt und alles – so denke ich – ordentlich reinigt. Er verwendet dazu eine ganz klare Chemikalie, die er aus einer gewöhnlichen Wasserflasche spritzt, ist ja total verwechslungssicher! Oder war es doch nur Wasser?
Dann beschließe ich, noch mit dem Taxi zum Chhatrapati Shivaji Maharaj Terminus (ehemals Victoria Station) zu fahren, das ist ein riesiger alter Bahnhof im Kolonialstil. Der Verkehr ist extrem, eben Freitagabend Rush Hour, Dann kommt ein Stück Stadtautobahn mit ganz wenig Verkehr und der Fahrer glaubt, wieder einmal ein Rennen gewinnen zu müssen. Wir kommen aber dann doch heil an. Der Anblick ist toll in der untergehenden Sonne, ich muss natürlich auch sofort in die kleine davor liegende Parkanlage hinein und ein paar Fotos schießen.
Die Securities sind davon nicht sehr begeistert und erklären mir sehr höflich gestikulierend, dass ich hinausgehen sollte. Meine Fotos habe ich eh in der Zwischenzeit, eines noch schnell gemacht, dann gehe ich in die Bahnhofshalle. Alles ist im Kolonialstil, aber mit digitalen Uhren über jedem Gleis und die Züge sind typisch indisch überfüllt. Frauen in bunten Saris, Männer mit Laptoptaschen, Muslims in ihren weißen Gewändern, alle hängen bei den offenen Türen heraus und halten sich nur an einer Hand fest, genau so, wie man sich einen indischen Zug vorstellt. Dabei gibt es laut Reiseführer über 2000 Zugverbindungen nur in Mumbai!
Ich beschließe, noch die Umgebung zu erkunden, da hier auch ein Markt ist, aber ich gehe rasch mit ernstem Blick durch, so werde ich nicht gefragt und belästigt. Auf einmal sehe ich Lichtergirlanden ein paar Strassen entfernt. Als ich näher komme, entpuppt sich das als Tempel, der schon für das morgige Ganesh Chaturthi aufgebaut ist, ein gigantischer Aufwand. Ich bin schon richtig gespannt auf den morgigen Tag!
Dann suche ich mir wieder ein Taxi für die Rückfahrt. Der Fahrer will 100 Rupies wegen des Verkehrs und weil es schon dunkel ist und anscheinend überhaupt. Ich diskutiere gar nicht drüber und steige ein. Am Ende der Stadtautobahn bremst er abrupt ab, schlägt einen Haken und biegt in eine schmale Seitengasse ein, in die sich normalerweise keine Autos verirren dürften, die Leute weichen nur sehr unwillig aus, ich sehe so richtig in ihren Gesichtern stehen: „Was will der verrückte Europäer hier?“ Ganz wohl fühle ich mich – das erste Mal in Indien – dabei aber auch nicht und versuche aus dem Fahrer herauszubekommen, ob ihm klar ist, dass er mich zum Hotel Sahil bringen soll. Er murmelt etwas Unverständliches und mir wird noch mulmiger. Aber nach 2 Ecken sind wir bei einer Kreuzung, die ich von der Hinfahrt kenne und ganz nah beim Hotel ist – er hat eine Abkürzung genommen und sicher eine Viertelstunde erspart. Die Zeitersparnis und Spannung sind wirklich 100 Rupies wert!
Ich gehe noch rasch in die Shopping Mall, um einen indischen Snack zu essen und dann zurück ins Zimmer. Im Badezimmer haben in der Zwischenzeit hunderte Miniameisen die Überreste des Orangensafts entdeckt. Ich rufe wieder den Zimmerservice, der nun mit 2 Mann und stärkeren Chemikalien und mehr Tüchern anrückt. Nach 10 Minuten ist – hoffentlich – alles beseitigt.
Auf einmal ein Lärm (weit mehr als normal) und Getrommel draußen, es zieht anscheinend wieder ein Ganesh-Umzug vorbei. Ich schnappe meinen Fotoapparat und laufe schnell hinunter und erreiche den Zug sogar noch vor dem Hotel. Die mitziehenden Männer sind alle gut drauf und freuen sich, dass ich sie fotografiere.
Das reicht für heute, habe gerade noch ein paar von meinen „Haustieren“ gemordet und meinen Deospray als Vertilger benützt, ich will jetzt den Zimmerservice wirklich nicht mehr kommen lassen, es ist immerhin Mitternacht. Morgen müssen sie aber nochmals gründlich reinigen!