Abfahrt zum Flughafen, mein Flug geht um 12 Uhr, ich starte mit meinem Taxifahrer, einem Moslem um 11 Uhr vom Hotel. Er erzählt mir alles Mögliche, was ihm an Indien nicht passt, dass er Frieden möchte, dass die Politiker alle korrupt sind und so weiter. Wir fahren an einer Gruppe von Frauen in den tollen bunten Saris vorbei. Da meint er, die indischen Frauen sein zu sexy und haben deswegen zu viele Kinder. Nun weiß ich, dass jede weitere Diskussion, die eigentlich positiv begonnen hat, sinnlos ist. Nachdem das jetzt schon der zweite Taxifahrer mit einer ähnlichen Aussage ist, verstehe ich keine Frau mehr, die „freiwillig“ den Schleier oder ein Kopftuch trägt, schon gar nicht in Europa.
Dann bin ich endlich am Flughafen, checke ein und es wird bereits bekannt gegeben, dass wir 40 Minuten Verspätung haben, das Wetter ist zu schlecht, es schüttet was runter geht. Aber dann ist es so weit, ich starte nach Goa! Ich bin gespannt, was mich erwartet, meine Kollegen haben mir ja alle zugeredet, diesen Ausflug zu machen, und in Europa hat man so ein verklärtes Hippie-Verständnis von dieser Region.
Die Jet Air wirkt nicht wie eine Billigfluglinie, sondern eher wie die Luxusausgabe von Air Berlin und wir landen pünktlich nach einer Stunde Flugzeit. Ich muss gleich versuchen, meine Tochter anzurufen, sie ist ebenfalls am Flughafen, aber in Schwechat, und mit der Schule unterwegs nach Irland. Aber egal, welchen Provider ich versuche, ich bekomme keine Verbindung, obwohl ich vollen Empfang habe. Also schicke ich ihr rasch eine SMS, hoffentlich bekommt sie wenigstens die.
Dann buche ich ein pre-paid Taxi, das finde ich am angenehmsten hier, wenn man sich nicht auskennt, auch wenn es etwas teurerer ist. Mein Fahrer ist ein junger Mann, der sich sofort als Christ „outet“, aber das habe ich so auch schon bemerkt, weil er einen beleuchteten Jesus am Armaturenbrett hat, die Hindi haben da alle einen Ganesha oder einen ähnlichen Gott stehen. Er erzählt mir, dass er 4 Schwestern hat, zwei davon sind bereits verheiratet, 2 noch nicht, und solange er keinen Mann für die beiden habe, könne er keine Freundin haben und heiraten sowieso nicht.
Er bringt mich wie gewünscht nach Calangute, dem Ort, der mir empfohlen wurde. Der Weg führt durch interessante Landschaften, über einen riesigen Fluss, vorbei an einer Werft, aber auch an Beinahe-Slums. Er zeigt mir 3 verschiedene Hotels, am Ende fahren wir zum zweiten zurück, das sagt mir vom Zimmer her und auch von der Anlage am meisten zu und kostet 2500 Rupies pro Nacht.



Also rasch hinein in die Short und dann auf zum Strand, es ist zwar nicht gar so schön, es könnte jederzeit regnen, aber das stört bei 30 Grad nicht so. Anders als bei uns liegt hier niemand richtig am Strand, die Leute stehen angezogen herum, marschieren hin und her und gehen voll bekleidet bis zu den Knien ins Wasser. Nur vereinzelt sieht man Männer nur in einer Short. Badehosen und Badeanzüge für die Damen überhaupt sind anscheinend bei den Indern – egal welcher Religion – verboten oder unbekannt.



Nachdem ich Durst habe und ja zum Relaxen da bin, setze ich mich bei einer Strandbar unter einen Sonnenschirm und bestelle ein großes Kingfisher-Bier. Daneben findet gerade ein Beachvolleyball-Turnier statt, veranstaltet zum „Int.Tag des Tourismus“ unter dem eigenartigen Motto „Mehr Zugang für Frauen im Tourismus“. Aber die Spieler und Spielerinnen sind trotzdem mit Begeisterung dabei. Als es dunkel zu werden beginnt, wandere ich am Strand Richtung Norden. Vom Sonnenuntergang ist leider nicht viel zu sehen, immer steht genau eine dunkle Wolke davor.



Ich setze mich am Retourweg in bei einer anderen Bar hin und bestelle mir eine Cola, Bier habe ich momentan genug. Hier gibt’s auch eine Wasserpfeife, vielleicht genehmige ich mir morgen eine, heute habe ich etwas Kopfweh. Nachdem ich nicht mehr rauche und die letzte Wasserpfeife auch schon rund 10 Jahre vorbei ist, weiß ich nicht wie mein Körper drauf reagiert. Die Boys sind sehr neugierig und wollen wissen – wie so oft vorher schon – von wo ich komme und wie ich heiße. Sie erzählen mir, dass sie aus Nepal, genauer aus Katmandu kommen und hier 6-10 Monate arbeiten. Das muss ich meiner Tochter erzählen, die ja heuer auch 2 Monate in der Schweiz gearbeitet hat. Die indische Botschaft in Kathmandu schätzt laut Kathmandupost, dass fast 8 Millionen Nepalesen in Indien leben und arbeiten.



Dann geht’s weiter zur nächsten Strandbar, kurz vor Aufgang in den Ort. Eine Inderin, sehr hübsch, mit kleinem Jungen, stellt vom Nebentisch die üblichen Fragen, und sie empfiehlt mir, die Kirchen von Goa anzusehen. Da kommt auch schon ihr Mann, der sich ein Henna-Tatoo machen hat lassen und unser Gespräch ist zu Ende. Kaum ist das Bier gekommen, fängt es an zu regnen. Alle laufen so rasch wie möglich unters Dach, ziemlich urig hier. Ich habe gleich wieder einen Tisch vor mir, aber nachdem es so schüttet, bleibt das Dach nicht dicht und ich muss noch weiter hinein wandern. Dort komme ich mit einem indischen Paar ins Gespräch, die hier einen Kurzurlaub verbringen. Sie kommen aus Dehli, er hat dort eine Papiererzeugung mit mehr als hundert Mitarbeitern. Ihn fasziniert sofort mein Name, lautmalerisch „Reynold“, weil das eine indische Kugelschreibermarke sei, wie auf sein Nachfragen gleich alle Kellner bestätigen.


Dann gehe ich Richtung Hotel und versuche noch ein Restaurant zu finden. Da sehe ich ein eher besser wirkendes, die Tische mit roten Tüchern gedeckt und auch sonst sehr gepflegt und sauber. Die Kellner sehen nicht indisch aus, eher koreanisch oder chinesisch. Nachdem mich einer der Kellner fragt, von wo ich komme, frag ich auch und erfahre, dass sie Inder seien, aus Darjeeling, das ist irgendwo im Nordosten von Indien, jedenfalls rund 7 Tage mit dem Zug entfernt. Es scheint, in Goa gibt’s viele Gastarbeiter. Das bestellte Hühnerbrust-Pfeffersteak ist auch lecker. Da entdecke ich etwas Skurriles: an der Wand hängen gerahmt 2 alte Poster mit dem Matterhorn und Zermatt – das ist ein Foto wert.

Aus dem Nachbarlokal tönen eigenartige Gesänge, nicht ganz richtig gesungene Hits aus älterer Zeit, das muss ich mir ansehen, nachdem es eh schon wieder zu regnen begonnen hat und ich noch nicht ins Bett mag. Es stellt sich heraus, dass sich eine Gruppe älterer EngländerInnen im Karaokegesang übt, zeitweise ziemlich arg, aber lustig, wie sie mit Begeisterung bei der Sache sind. Damit hab ich mit meinen verklärten Vorstellungen von Goa nicht gerechnet!
Ich komme dann doch trocken ins Hotel, erst kurz vor dem Einschlafen beginnt der Regen wieder und am frühen Morgen ist es so arg, dass ich davon geweckt werde.
Zum Weiterlesen
Goa 2 – 29.9.2007
Links
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Darjeeling_(Stadt)
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Nepal
https://kathmandupost.com/money/2023/04/22/nepalis-finding-their-fortune-in-shimla
A Better Option than a Prepaid Taxi in India
