Erwin Wurm in der Albertina Modern

Der künstlerische Ansatz von Erwin Wurm hat mich in diesem Blog zu einer etwas anderen Herangehensweise an sein Werk herausgefordert.

Mit (m)einer nicht ganz ernst gemeinten Annäherung an Enzesfeld

Ich habe eine sehr weit hergeholte These: der weltbekannte Künstler Erwin Wurm muß mindestens zweimal in meinem Heimatort Enzesfeld gewesen sein. Worauf ich diese These stütze, lest ihr in diesem Blog. Zu einigen anderen Skulpturen gebe ich euch auch meinen ganz unkünstlerischen Zugang weiter und erzähle zum Schluß noch eine kleine Geschichte mit echtem Enzesfeld-Bezug.

Besuch der Ausstellung fast im letzten Moment

Fast hätte ich es übersehen, daß die Erwin Wurm Ausstellung in der „Albertina Modern“ am Wiener Karlsplatz bereits am 9.März 2025 zu Ende geht und so bin ich am Freitag davor noch rasch in Zug und U-Bahn gesprungen um mir dieses Ereignis zu gönnen. Wer es ganz verpasst hat, hat von 7.März bis 7.September 2025 im Linzer Francisco Carolinum die Chance, mit seinen fotografischen Werken einen weiteren Teil des umfangreichen Schaffens des Künstlers zu sehen. (Siehe Link unten)

Retrospektive  zum runden Geburtstag

Aus Anlass seines 70. Geburtstags zeigte die „Albertina Modern“ erstmals eine umfassende Retrospektive seines vielseitigen Werks, das uns in Form von Skulpturen, Zeichnungen und Handlungsanweisungen, Videos und Fotografien einlädt, das Paradoxe und Absurde unserer Welt zu beleuchten.

Erwin Wurm, der eigentlich Maler werden wollte, aber dann statt in der Malerklasse in der Bildhauerklasse landete, zählt zu den international bekanntesten zeitgenössischen Kunstschaffenden Österreichs. Schon allein deswegen ist es interessant, sich mit ihm und seinem Werk auseinanderzusetzen.

Mein persönlicher erster Zugang zu Erwin Wurm war bereits 2010 im damaligen Essl-Museum in Klosterneuburg. Dort habe ich das erste Mal das „Narrow House“ gesehen, ein Modell seines Elternhauses, das er auf ein Sechstel seiner Größe in der Längsachse reduziert hatte. 2011 war Wurm damit auf der 54. Kunstbiennale in Venedig vertreten.

Schmelzende Häuser

Eine Weiterentwicklung dieses Themas ist auch in dieser Ausstellung zu finden, ein Haus mit Klassenzimmer kann sogar betreten werden und wirkt zumindest auf mich einerseits sehr einengend, andererseits weckt es Erinnerungen an das nicht mehr bestehende Gymnasiumsgebäude in Wieselburg, das damals ohne Verzerrung ähnlich ausgesehen hatte.

Paradox und vielleicht auch absurd

Das Paradoxe und Absurde zog mich sofort nach dem Eintreten in den Bann, denn es ist wahrscheinlich gar nicht so einfach, Alltagsgegenstände vom Socken über Kleidungsstücke bis zu Autos und Häusern so verändert darzustellen, daß die Aussage dahinter eine ganz andere, meist paradoxe Verzerrung wird.

Seine konzeptionellen Anfänge noch während des Studiums kamen aus den Materialien, die er nahe seines Ateliers fand, nämlich Kleidungsstücke, Holz und Metall. Als Bildhauer mit der Malerei in seinen Genen begann er dann die Gegenstände so zu formen, daß sie den menschlichen Körper thematisieren und dann zuerst mehrfarbig und später einfarbig zu bemalen.

Psyche und was es ist

Das erste Indiz, daß Erwin Wurm in Enzesfeld künstlerische Anleihen genommen haben könnte, findet man am Spielplatz. Das ist nicht irgendein Spielplatz, denn die Figuren wurden unter der Leitung des Bildhauers Mathias Hietz im Rahmen eines Steinbildhauersymposions von international renommierten Künstlern in den Jahren 1981/82 gestaltet. Und eine dieser Figuren könnte Erwin Wurm zumindest als Inspiration gedient haben, wie die Fotos hier beweisen. Einen Haken hat die Figur auf unserem Spielplatz: die Kinder müssen ohne Handlungsanweisungen herausfinden,  was sie damit machen könnten. Erwin Wurm gibt auf seiner Figur diverse Tipps,  was man damit machen könnte und sollte – für Erwachsene sicher anregend, Kinder brauchen das nicht.

Es gibt aber auch Handlungsanweisungen, die die Betrachter und „Begreifer“ in ihrer Freiheit nicht einengen, was aber dazu führt, daß die Securities in der Albertina die Bälle  von Zeit zu Zeit aufsammeln und zusammenlegen um das Kunstwerk nicht zu verlieren.

Hier in diesem Youtube Video erklärt Erwin Wurm, wie er es wirklich meint: 

Fat Car

Das zweite Indiz für einen Enzesfeld-Bezug zeigte sich unübersehbar in Form eines roten Cabrios. Mein Bekannter R. aus Enzesfeld besitzt ein rotes Ford Mustang Cabrio und Erwin Wurm hat anscheinend dieses Cabrio aufgeblasen, ausgestopft, wattiert, gefüttert, bis es so adipös aussieht. Die untenstehenden Bilder beweisen das aus meiner Sicht perfekt.

Übrigens, Erwin Wurm hat neben fünf anderen Autos hier eigentlich einen roten Porsche verwandelt.

Performative Skulpturen

Eine der für mich beeindruckensten Objekte fand ich unter den „performativen Skulpturen“, bei denen Erwin Wurm typische Alltagsgegenstände verformt und verunstaltet. Für einen Mitteleuropäer wie mich ist das zwar kein Alltagsgegenstand, aber leider gibt es gerade heute leider viele, für die eine Pistole genau das ist.

Erwin Wurm hat sie, wie wenn sie mit einem Autoreifen überfahren worden wäre, verformt und unbrauchbar gemacht, und das überdimensional.

Ein Hinweis an die großen Führer unserer Zeit, der leider ungehört und ungesehen zu sein scheint.

Unter Studienkollegen spricht es sich einfacher

Zum Abschluss habe ich nach den zugegeben sehr konstruierten Bezügen eine Geschichte, die mir mein Freund, der akademische Maler Prof. Christian Kvasnicka, der seit vielen Jahren in Enzesfeld lebt, erzählt hat. Erwin Wurm und Christian Kvasnicka sind fast gleich alt und kennen sich daher schon seit dem Studium.

Jahre später wollte der Marketing-Chef der Wien Energie, Dr. Peter Meierhofer, als letzte Ausstellung des Wien Energie-Museums in der Spittelau eine Erwin Wurm-Schau ausrichten. Nur hatte er ein Problem: Erwin Wurm reagierte nicht auf die Einladung, weder per Anruf, Mail, noch brieflich. Peter Meierhofer kannte Christian Kvasnicka aus dessen Tätigkeit als Leiter des „Art Collectors Club“ des Wiener Roten Kreuzes und schilderte ihm sein Problem.

Erwin Wurm war schon sehr arriviert und zählte bereits zu den international bekanntesten zeitgenössischen Kunstschaffenden Österreichs. So sah er für sich das Potenzial einer Ausstellung bei der Wien Energie nicht, doch Christian konnte ihn mit einem kurzen Anruf überzeugen, bedeutende Werke zur Verfügung zu stellen, ohne zu viel mit Details zu tun zu haben. Die Assistentin Christians, Monika Schlucker sollte als einzige Kontaktperson fungieren. Erwin Wurm kam dann sogar in der Vorbereitungszeit in die Spittelau und zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Die Ausstellung wurde ein Riesenerfolg und die Wien Energie ist seit damals Besitzerin einer Skulptur von Erwin Wurm, eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Aus dem Essl Museum wurde die „Albertina Klosterneuburg“

Wer es nicht mehr wissen sollte, das Essl Museum im Besitz von Karl-Heinz Essl hat zwischen 1999 und 2016 fast 200 Austellungen zeitgenössischer internationaler und österreichischer Kunst in wechselnden Ausstellungen präsentiert. Seit 9. April 2024 ist es als „Albertina Klosterneuburg“ wiedereröffnet.

Links

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erwin_Wurm
https://www.albertina.at/albertina-modern/
https://www.albertina.at/albertina-modern/ausstellungen/erwin-wurm/
http://sammlung-essl.at/museum__sammlung/das_essl_museum
https://www.ooekultur.at/exhibition-detail/erwin-wurm
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bildhauersymposion_Lindabrunn
https://www.wienerwald.info/ausflug/a-bildhauer-symposion-lindabrunn
https://www.galerie-albertina.at/kunstwerke/34263/fat-convertible/
https://www.museum-joanneum.at/skulpturenpark/entdecken/skulpturen/36-fat-car
http://www.kvasnicka.at
https://www.wienenergie.at/privat/erleben/standorte/wien-energie-erlebniswelt/
https://www.roteskreuz.at/wien/artcollectorsclub