Tag 3: Von Carnia bis Udine

Wunderschöne Ortschaften mit Traditionen bis ins Mittelalter, die trotz Zerstörung durch das Erdbeben 1976 wiederaufgebaut und zu neuem Leben erweckt wurden, prägen diese Route. Aber auch die im Vergleich zu den anderen Tagen nicht immer optimalen Streckenabschnitte bleiben in Erinnerung.

Die ersten Kilometer dieser Etappe sind entlang der SS13, nicht auf einem baulich getrennten Bereich und auch leider nicht auf einem Radweg, bis die Abzweigung in den Ort Venzone diesen relativ gefährlichen Weg verlässt.

Venzone ist einer der Orte, die beim Erdbeben 1976 fast vollständig zerstört wurden. Die ursprüngliche Idee, den Ort modern neu aufzubauen, wurde von der Bevölkerung verhindert und so wurde er so originalgetreu wie möglich wieder aufgebaut. Heute bezeichnet Venzone sich selbst als „eines der schönsten Dörfer Italiens“. Die einzige befestigte Ortschaft aus dem 14. Jahrhundert, die noch erhalten ist, wurde restauriert und das Selbstverständnis der Bevölkerung blieb erhalten.

Die Idee, nach einem ähnlichen Erdbebenunglück auf dem Reissbrett einen optimalen und künstlerisch gestalteten Ort neu aufzubauen, ist auf Sizilien für den Ort Gibellina gescheitert. Wer neugierig ist, kann meinen Eindruck davon in meinem Sizilien-Blog vom April 2024 nachlesen. Eine ähnliche Diskussion wird aktuell nach dem Erdrutsch, der das Dorf Blatten im Schweizer Wallis am 28.Mai 2025 vollständig zerstört hatte, geführt.

Das Ergebnis gibt Venzone recht, das kulturelle Leben scheint ausgeprägt zu sein und das gesamte Ensemble ist mehr als sehenswert.

Auch der wenige Kilometer weiter auf einem Berghang liegende Ort Gemona del Friuli hatte ein ähnliches Schicksal und wurde wie Venzone restauriert und wiederaufgebaut. Wir radelten den Berg bis ins historische Zentrum hinauf, wo kurz vor einem Tunnel der Ausblick über das gesamte Tal beinahe atemberaubend ist.

Der im 14. Jahrhundert errichtete Dom Santa Maria Assunta mit seinen romanisch-gotischen Stilelementen erhebt sich am Rand der Altstadt und ist die kleine Anstrengung mit dem Fahrrad auf jeden Fall wert. Im dreischiffigen Innenraum sind die durch das Erdbeben 1976 schiefen Säulen eine Besonderheit. Der vollständig zerstörte Campanile mit dem quadratischem Grundriss ebenfalls aus dem 14.Jahrhundert wurde komplett neu aufgebaut.

Besonders beeindruckend ist Statue des Heiligen Christophorus, dem Beschützer der Wanderer und damit auch von uns Radfahrern, an der Fassade. Sie ist rund sieben Meter hoch und aus sechs Sandsteinblöcken zusammengesetzt.

Nachdem wir den Berg flott wieder hinabgefahren sind, wechselte die vom Veranstalter vorgeschlagene Route vom FVG1 auf den FVG3, der hier als Variante des CAAR nach Osoppo.

Der Weg führte nach der Stadt zuerst praktisch durch eine staubige Schottergrube und dann durch Wiesen und Wälder am Ufer des Tagliamento und weiter an einer riesigen Forellenzucht vorbei über Rivoli. Stellenweise war der Weg wegen des Mixes aus Schotter und altem Beton trotz der breiten Reifen unserer E-Bikes extrem ruppig.

In San Floreano liegt direkt am Radweg die Osteria Miami di Baldassi Barbara und lud uns fast zur Mittagszeit zu einer kleinen Pause ein. Die Chefin Barbara persönlich schaukelte das Geschäft mit der kleinen Terrasse ganz alleine, daher war klar: „Due Rigatoni al Ragù“, sonst gibt’s nichts. Wenn wir eine italienische Nona gehabt hätten, dann wären damit die Erinnerungen an sie geweckt worden, so gut war es. Nicht einmal Zeit für ein Foto mit einer kompletten Portion ist geblieben…

Frisch gestärkt ging es nun wieder auf dem FVG1 weiter, meist auf kleinen Nebenstraßen vorbei und durch viele kleine Dörfer wie Buje, Treppo Grande und Treppo Piccolo, Felletano und Laipacco, mitten drin auf einmal ein Single Trail. Das ist fast so, wie wenn gleich nach der Autobahnabfahrt ein Feldweg kommt.

Wir näherten uns Udine immer mehr und so beschlossen wir, am Stadtrand, genau genommen im Cafe Al Baronetto beim Park in der Via Udine von Felleto Umberto noch einen Kaffee zu trinken. Gestärkt und erholt starteten wir auf die letzten Kilometer, durch den botanischen Garten Parco del Cormor vorbei am Blueenergy Stadion bis zum Rand der Altstadt auf den Piazzale Gio Batta Cella, wo wir dann unser Hotel San Giorgio fanden.

Funfact: Im Hinterhof des Hotels ist die Polizia di Stato di Udine einquartiert. So gut bewacht waren unsere Räder noch nie, während man ja klischeehaft dort eher eine Spielhölle oder die Mafia erwartet.

Die Lage des Hotels war optimal, der Weg ins Zentrum war nur ungefähr 10 Minuten. So konnten wir in kurzer Zeit die Sehenswürdigkeiten der Stadt, vom Dom und dahinter als Geheimtipp, das Oratorio della Purità mit seinen Fresken von Giovanni Battista Tiepolo und mit Gold hinterlegten Wandbildern von dessen Sohn Giandomenico Tiepolo besichtigen. Auch die Piazza della Libertà mit dem Casa Cavazzini und der Porticato di San Giovanni sollte man auf jeden Fall gesehen haben. Nur den Berg zur Burg hinauf wollten wir nach fast 70 km Radfahren nicht mehr gehen.

Schon am Rückweg, gar nicht mehr in der Fußgängerzone, haben wir dann auch noch den idealen Platz zum Abendessen gefunden: das Ristorante Pizzeria Al Gelso mit seinem gemütlichen Innenhof, leider ohne den namensgebenden Maulbeerbaum.

Die Komoot-Route

Komoot-Route: Carnia-Udine

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Tag 4: Von Udine nach Grado

Vom venezianisch geprägten Udine über das Palmanova des Mittelalters und Napoleons vorbei am römischen Aquileia bis in den Kurort der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, nach Grado, führt uns der vierte Tag unserer Radtour.

Das Navi leitete uns vom Hotel San Giogio fast im Stadtzentrum zur vorgegebenen Route, meist auf dem getrennten Fahrradstreifen über die Viale Europa Unita, bis zum Verkehrsknoten bei der Porta Aquileia von Udine und beim ersten Schild für den FVG1 Richtung Grado rechts Richtung Süden. Bald wich die Route auf ruhigere Straßen ab und verlief am Rand der Stadt dann über wenn auch nur geschotterte Feldwege.

Hier gibt es nicht so viel zu erzählen, außer dass wir bei Merlana unabsichtlich die Originalroute verlassen haben. Einen weiteren kleinen Umweg haben wir dann noch in Clauiano gemacht, was dazu geführt hat, dass wir über Sottoselva und die Viale Speroni von Osten durch die gerade in Renovierung befindliche Porta Cividale in die Stadt Palmanova gekommen sind, statt auf dem CAAR über die Borgo Udine das westliche Stadttor, die Porta Udine zu nehmen.

Dazu muss man erklären, wie Palmanova aussieht. Die Stadt wurde Ende des 16. Jahrhunderts als Planstadt mit dem ihr typischen sternförmigen Grundriss mit nur drei Toren angelegt. Als Festungsstadt der Republik Venedig gedacht, war die riesengrosse Piazza Grande als Exerzierplatz geplant, von dem die Soldaten über für damalige Verhältnisse breiten Straßen die Stadt verlassen konnten. Der weiße Duomo del Santissimo Redentore liegt unübersehbar ziemlich genau an der Nordseite des Piazza Grande.

Man könnte hier viele Stunden verbringen, die geschichtsträchtigen Gebäude zu erkunden, aber es ist heiß  und so machten wir nur einen Rundgang um diesen riesigen Platz. Nach einem Eiskaffee haben wir dann die Stadt wie geplant durch das dritte Tor, die Porta Aquileia im Süden verlassen. Der Radweg geht nach dem Stadttor unmittelbar in einen Singletrail über, dessen Sinn eigentlich nur darin liegen kann, nochmals einen schönen Blick auf das Tor mit dem Wall und den Graben um die Stadt  zu bekommen.

Dann ging es neben der Straße und dann auf einem Feldweg bis zu einer kleinen Unterführung der Autobahn A4, der Autostrada Serenissima von Venedig nach Triest. Ab hier führt der Radweg bald wieder über die Felder und Weinrieden bis Cervignano del Friuli.

Ab hier benutzt der Radweg wieder eine ehemalige Bahntrasse, die von 1910 bis 1942 bis an den Rand der Lagune von Grado führte. Stellenweise erinnerte es uns hier an den Radweg am Wr.Neustädter Kanal (Teil des Eurovelo 9) in der Heimat im südlichen Niederösterreich.

Die Strecke war schnurgerade, nur bei Aquileia wich die Bahn und damit heute auch der Radweg dem Ort aus. Die ersten Ausgrabungen liegen direkt vor dem Ortseingang, das teilweise rekonstruierte Forum Romanum kann hier gratis besichtigt werden. Aquileia war bald nach seiner Gründung 181 v.Chr. der größte Hafen des Mittelmeers und eine der größten und reichsten Städte des gesamten Römischen Reichs, so dass man es das „zweite Rom“ nannte.

Auch modernere Gebäude werden renoviert, so soll der Bahnhof der Bahnlinie Ferrovia Cervignano-Aquileia-Pontile per Grado zum Museum als Mahnmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs umgebaut werden und an die Abfahrt des Leichnams des unbekannten Soldaten vom Bahnhof Aquileia am 29. Oktober 1921 erinnern, der dann auf dem Altar des Vaterlandes in Rom begraben wurde.

Auch das UNESCO-Weltkulturerbe Aquileia wäre einen Aufenthalt von mehreren Stunden auf jeden Fall wert, um z.B. den riesigen Binnenhafen mit der Via Sacra oder den Fondo Cal mit den berühmten Mosaiken oder auch die Basilika Santa Maria Assunta zu besichtigen, deren ursprüngliche Struktur auf die Jahre nach 313 n. Chr. zurückgeht.

Uns zog es aber bald auf dem neu asphaltierten Radweg weiter Richtung Süden und so erreichten nach wenigen Kilometern den Damm durch die Lagune von Grado. Der Radweg verläuft neben der Straße vorbei an der kleinen Aussichtsplattform mit dem „Welcome to Grado – Baum“ bis zur Brücke vor Grado, wo leider noch ein Stück auf der recht stark befahrenen Straße zu bewältigen ist.

Wir hatten noch zwei zusätzliche Nächte in Grado gebucht und genossen neben dem Strand auch die Bars und Restaurants der Altstadt.

Die Insel Barbana

Am Samstag wollten wir noch die Insel Barbana mit der berühmten Wallfahrtskirche Beata Vergine Maria besuchen. Auch einige Wallfahrergruppen nahmen das erste Fähreboot und so fuhren wir begleitet von Rosenkranzgebeten zur Insel.

Die Insel ist seit jeher das Ziel von Pilgerfahrten. So gibt es seit 1237 an jedem ersten Sonntag im Juli eine Prozession, den „Perdòn di Barbana“ auf festlich geschmückten Booten, um das alte Gelübde an die Madonna erneuern, die das Dorf vor der schrecklichen Pestepidemie gerettet haben soll.

Leider kann neben der Kirche und dem Restaurant nur rund ein Drittel der Insel besichtigt werden, der größere Teil gehört zum Klostergelände und ist nicht frei zugänglich.

Die Komoot-Route

Komoot-Route: Udine-Grado