5 – Die Tremola als Höhepunkt und Abschluss

Meine Motorrad-Reise in die Schweiz war nach 5 Tagen und 1466 Kilometern zu Ende. Die ehemalige Straße aus dem Tessin auf den Gotthard, die gepflasterte Tremola, war dabei der krönende Abschluss, die man als Motorradfahrer zumindest einmal gefahren sein sollte.

Von Flims bis Thalwil

Es war noch recht frisch, als ich kurz vor 8 Uhr in Flims mein Motorrad für die letzte Tagestour meiner Fahrt in die Schweiz startete. Aber der Schi- und Wanderort liegt ja auch auf rund 1000 m Seehöhe, hoch über der Rheinschlucht, durch die ich 2024 gefahren bin. Er gehört auch zum UNESCO-Weltnaturerbe Sardona Flims Laax.

Mein heutiger Weg sollte mich aber noch in ganz andere Höhen bringen. In Disentis/Mustér mit der imposanten Benediktinerabtei führt die Hauptstrasse 19 aus Chur zum Lukmanier- und zum Oberalppass. Ich habe mich diesmal für den zweiten entschieden und der „Lukmanier“ bleibt auf meiner Bucketlist.

Hier endet auch die Vorderrhein- oder Sursevallinie der Rhätischen Bahn, die ich im Vorjahr bei meiner Fahrt durch die Rheinschlucht beobachtet hatte und mit der ich zu meinem 50er auch mitfahren durfte. HIER könnt ihr in meinem Blog von 2024 dazu bei der 4.Tagesetappe nachlesen.

Aber mein nächstes Ziel sollte der Oberalppass mit seinen 2044 Metern Höhe sein. Etwas außergewöhnlich ist der 10 mit hohe Leuchtturm auf der Passhöhe, der auf die Quelle des Vorderrheins aufmerksam machen soll.

Nach einem kurzen Stopp fuhr ich aber die Serpentinen hinunter nach Andermatt im Kanton Uri, um diesmal die bereits 2024 geplante Pässerunde Furka-Grimsel-Nufenen-Gotthard zu schaffen. Damals haben mir ja Regen, Nebel und Schnee meine Pläne durchkreuzt. Aber das könnt ihr ebenfalls im oben verlinkten Blog nachlesen. Heuer war zumindest bisher die Sonne meine Freundin und so war es ein Genuss, die Serpentinen zur Passhöhe auf 2429 m Seehöhe hochzufahren.

Am Weg hinunter war dann natürlich das legendäre, aber seit 2015 geschlossene Hotel Belvedere das nächste Highlight. Der ursprüngliche Höhepunkt, der gegenüber liegende Rhonegletscher ist aber schon seit Jahren von hier nicht mehr zu sehen. Man könnte ihn aber auf einem rund halbstündigen Fußweg mit der Gletschergrotte erreichen, was ich aber ebenfalls ausließ. So fuhr ich die Serpentinen hinunter nach Gletsch, wo die Straße auf den Grimselpass abzweigt. Die Sonne spielte immer noch mit und so konnte ich diesmal die Auffahrt ohne Nebel und Regen genießen, sogar ein Foto des Rhonegletschers ließ sich machen.

Rascher als gedacht erreichte ich die Passhöhe von 2164 m, fuhr aber vorerst noch ein Stück weiter, um die beiden Stauseen und den Blick Richtung Haslital zu sehen. Hier hatte ich auch endlich die Chance, die extreme Porsche-Dichte am Furka und Grimsel zu dokumentieren.

Nach einem Kaffee beim See auf der Passhöhe fuhr ich wieder hinunter und bog in Gletsch rechts Richtung Süden ab. Auf den Serpentinen hinunter ins Tal der noch recht kleinen Rhone stieg auf einmal Rauch auf, die Furka-Dampfbahn bereitete sich auf die Einfahrt in den Scheiteltunnel vor. Hier gab es eine Möglichkeit, mit dem Motorrad stehen zu bleiben und so konnte ich dieses Schauspiel beobachten und fotografieren.

Bald war Obergoms und in Ullrichen die Abzweigung Richtung Nufenenpass erreicht. Ich war überrascht von der landschaftlichen Schönheit dieses 2480 m hohen Passes, der im Internet eher stiefmütterlich behandelt wird, obwohl es die höchste ganz in der Schweiz gelegene Passstrasse ist. Die Kurven im oberen Bereich machten ebenfalls Spaß bevor es etwas einfacher hinunter nach Airolo im Tessin ging.

Ich habe mich mit viel Respekt an die Tremola herangemacht und ein Jahr mehr gewartet, da mir ja im Vorjahr das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Aber heuer passte alles, das Wetter war schöner als die Apps noch in der Früh versprochen hatten und vollgetankt habe ich zur Sicherheit direkt vor der Auffahrt auch noch.

Der Gesamtanstieg der Tremola beträgt rund 930 Meter, die Strecke von Airolo bis zum Gipfel knapp 16 km, die Steigung beträgt maximal 12 % und es gibt 37 Haarnadelkurven. Der legendärste Abschnitt der Tremola überwindet auf einer Länge von vier Kilometern in 24 Haarnadelkurven 300 Höhenmeter. Dieser Teil ist zwar mit Granitsteinen gepflastert, aber so gut gepflegt, dass das Motorradfahren überhaupt keine Schwierigkeiten macht.

Hier könnte sich die Wiener Höhenstraße ein Beispiel nehmen, die in einem traurigen Zustand war, zumindest als ich sie das letzte Mal vor einigen Jahren gefahren war. Die Haarnadelkurven sind alle extrem breit und im Vergleich zu anderen Passstraßen flach. Oder bin ich nur in den letzten Tagen etwas abgehärtet worden? Ich erinnere an die Fahrt über den Splügenpass und an die Umleitung nach dem Molvenosee in vorigen Abschnitten meiner heurigen Tour.

Während ich so vor mich hinfuhr und nachdachte, kamen Nebelschwaden und einige Regentropfen auf, anscheinend ist der Gotthard ohne Nebel nicht denkbar. Aber schon tauchte links das Hospiz und gerade voraus das Adlerdenkmal aus dem Nebel auf, ich hatte die Tremola bezwungen.

Während ich eine Cervelat gegessen habe, lichtete sich der Nebel, dafür kamen immer mehr Regentropfen, sodass ich beschloss, rasch aufzubrechen und ins Tal hinunter zu fahren. Leider war der Regen gleich schnell wie ich und so war ich in Andermatt schon recht nass. Ich parkte beim Bahnhof und schlüpfte in der Ankunftshalle in meinen Regenoverall. So konnte ich weiter ins Tal fahren, an der Teufelsbrücke vorbei, in der Autokolonne die Serpentinen hinunter nach Göschenen und Wassen. Hier lichtete sich der Regen und in Altdorf am südlichsten Zipfel des Vierwaldstätter Sees war ich von der Sonne und vom Fahrtwind schon wieder fast trocken.

Obwohl der Regen vorbei war, schälte ich mich nicht mehr aus dem Regengewand, die letzten eineinhalb Stunden bis an den Zürisee sollten auch so möglich sein. Es wurden dann aber doch mehr als zwei Stunden, zuerst den Vierwaldstätter See entlang bis Schwyz und dann hinüber zum Ägerisee und weiter nach Sihlbrugg. Ich durfte ja ohne Schweizer Vignette nicht auf die Autobahn. Der Hirzel, über den ich zum Zürisee fahren wollte, war wegen eines Unfalls gesperrt und so musste ich durch das Sihltal mit seinen mindestens fünf Baustellenampeln fahren, bis endlich nach mehr als einer halben Stunde Stopp and Go in Langnau nach Thalwil abbiegen konnte.

Meine fünftägige Reise war nach 1466 Kilometern zu Ende und ich war jetzt bei den herrschenden 31 Grad innen genauso nass, wie wenn es geregnet hätte. Schön war es aber trotzdem.

Meine Route und die Pässeliste

Oberalppass

Furkapass

Grimselpass

Nufenenpass

Gotthardpass

Kurviger Route: Flims – Thalwil

Hier folgt der Bericht vom ersten Rückreisetag

6 – Viele Seen und noch mehr Kurven

4 – Vom Comosee über den Splügenpass an den Rhein

Die vierte Etappe führte mich trotz meiner verwirrten Navi-Susi von Edolo an den Comosee und über den Splügenpass bis zum Beginn des „echten“ Rheins.

Von Edolo bis Flims

Hinter dem ganz unscheinbaren Eingang in die Bäckerei und Pasticceria, gar nicht wie beim Motorrad-Treffpunkt gegenüber, verbirgt sich ein modernes Lokal das La Bella Edolo, typisch lombardisch, wir würden eher sagen italienisch mit sagenhaft gutem Gebäck und Kaffee, genau der richtige Ort für mein Frühstück. Ich bin sicher, hier muß ich beim nächsten Mal wieder einen Stopp einlegen.

So gestärkt, ging es dann auf den Passo Aprica, der den Namen „Pass“ von der Ostseite von Edolo aus eigentlich nicht verdient. Nur die Mischung aus vielen Kurven mit 2 Bussen, einem LKW und einigen PKWs zerrt dann doch an den Nerven und es dauerte einige Kilometer, bis ich alle zusammen in fast schon italienischer Manier überholt hatte.
Aprica, wo auch der Scheitel des Passes liegt, war noch festlich geschmückt, da einige Tage vorher die zweite Etappe des Giro Italia der Damen hier halt machte.

Am Ende ging es dann doch noch mit einigen richtigen Serpentinen hinunter ins Valtellina mit der Provinzhauptstadt Sondrio.

Hier muss man sich dann nicht besonders aufhalten, sondern folgt von Tresenda bis Trivio Fuentes zügig der SS38. Heute war sie in dieser Richtung gar nicht so stark befahren wie die letzten Male, sodass ich praktisch ohne Stau rasch durchkam. Dann ging es weiter auf der SS36 Richtung Chiavenna, wo ich aber bald nach der Brücke über die Adda einen Abstecher nach links machte, um an den Comosee zu gelangen. Das Eis und der Cappuccino auf der Terrasse direkt am See gab dann die Kraft für den Splügenpass.

Der Kreisverkehr in Chiavenna, der einerseits zum Malojapass und andererseits zum Splügenpass führt, war aber auch heuer ein Nadelöhr, durch das man sich mit den Seitenkoffern am Motorrad gar nicht so einfach durchschwindeln konnte. Bald begannen die ersten der insgesamt 52 Tornanti (Haarnadelkurven) auf italienischer Seite, wobei es am besten ist, keinen Gegenverkehr in einer dieser Spitzkehren zu haben, denn wenn man auch selbst meist auf der eigenen Fahrbahnhälfte bleiben kann, ist das bei entgegenkommenden Fahrzeugen nicht immer so. Sogar ein Schweizer youtube-Autotester spricht vom „Wendekreis des Wahnsinns„, den ein Auto am Splügenpass haben muss.

Dann war es wieder so weit, vor einem Tunnel kam ein längerer Stau und nichts ging mehr. Ich fuhr vor zum Tunneleingang, wo schon viele Biker einen Halt eingelegt hatten. Hier am Punto Panoramico wartete ich mit ihnen ab, bis der Stau sich auflöste. Dabei lernte ich zwei Australier kennen, die schon 6 Wochen in den Alpen mit dem Auto unterwegs waren.

Anscheinend war ein Motorradfahrer im Tunnel gestürzt und hatte sich verletzt. Später dürften dann noch einige Motorräder am entstandenen Ölfleck ausgerutscht sein. Ich konnte aber ohne nennenswerte Schwierigkeiten bis zur Passhöhe hinauf fahren. Die Übung mit den vielen kleinen Sträßchen und Kurven am Vortag (hier nochmals zum Nachlesen) hatte sich bezahlt gemacht und dem Splügenpass den Schrecken genommen.

Die Schweizer Seite hinunter ist besser ausgebaut und auch breiter, so konnte ich die rund 20 Tornanti auch recht zügig durchfahren, wenn ich nicht gerade durch einen ängstlichen oder zumindest bergungeübten Autofahrer gebremst wurde.

Photostopps sind auch hier schwierig bis beinahe unmöglich mit einem Motorrad, speziell mit DSG, wo man keinen Gang hat, der das Fahrzeug im Stehen hält. Die Handbremse ist dabei auch keine wirkliche Hilfe. Darum habe ich mir einige Bilder aus dem Netz ausgeborgt.

Dann erreichte ich schon das Dorf Splügen, das aus verschiedensten Gründen seinen originalen Dorfkern aus Waldner Holzhäusern und eleganten italienischen Palazzi erhalten konnte und machte Halt für eine Mittagspause.

Anschließend folgte ich der alten Splügenstraße B13 talabwärts, die mehr oder weniger parallel zur A13 vom San Bernardino hinunter bis Thusis führt. Sie wird und wurde an vielen Stellen ausgebaut und neu asphaltiert und kann daher meist flott durchfahren werden. Dann sah ich links eine kleine Holz-Hängebrücke, die ich mir ansehen wollte. Ich musste aber einige Kilometer weiter fahren um umdrehen zu können. Es hat sich aber auf jeden Fall ausgezahlt. Tief unten tost der Vorderrhein und ein gar nicht so kleiner Hangrutsch hat einen Teil des Waldes weggerissen.

Das Bild von Matteo aus Komoot zeigt noch den unversehrten Baumbestand.

Den nächsten geplanten Stopp hatte ich dann bei der Viamala-Schlucht. Diese wird von der alten und neuen Steinbrücke überquert. So wie ich von oben kommend, sieht man zwischen den bis zu 300 m hohen Felswänden nur die neue Brücke aus dem Jahr 1935, aber gleich dahinter liegt die alte nach ihrem Baumeister benannte Wildener-Brücke aus dem Jahr 1735. Man könnte von dort auch über 359 Stufen in die Schlucht hinuntersteigen, aber so viel Zeit hatte ich doch nicht und die Motorradkluft ist dafür auch nicht adäquat.

Die B13 führt dann weiter nach Thusis und Bonaduz wo bald bei Tamins die Abzweigung auf die B19 Richtung Flims folgte. Dabei überquerte ich eine Brücke über den Rhein, wo mir der Blick vom Motorrad aus schon gefiel. Da gleich danach ein kleiner Parkplatz lag, konnte ich gut stehen bleiben und auf die Brücke gehen. Dabei entdeckte ich, dass genau hier der Vorder- und Hinterrhein zusammentreffen und als „Alpenrhein“ den „richtigen“ Rhein bilden, der dann nach rund 1200 Kilometern in Holland in die Nordsee fließt. Im Hintergrund führt auch die Brücke der Rhätischen Bahn vorbei. Diese Strecke durfte ich zu meinem 50. Geburtstag mit dem Glacier-Express von Zermatt bis St.Moritz und dann weiter mit dem Bernina-Express bis Tirano fahren.

Nur wenige Kilometer weiter liegt Flims, wo ich im Hotel Bellevue übernachten wollte. Auf den letzten Kilometern habe ich mein Navi, ein Garmin Zumo XT mit der von mir „Susi“ getauften Computerstimme endgültig verwirrt. Es stellte sich wieder einmal heraus, dass das exakte Setzen der Zwischenziele oder Shapping-Points das Leben von Susi und mein Leben als Fahrer ungemein erleichtern. Susi weist ewig und mit Engelsgeduld zurück auf einen ungenau gesetzten Punkt, bis der nächste erreicht ist. Auf dieser Route war ich einige Male ungenau und so war Susi den Großteil der Strecke beschäftigt, mich auf den ihrer Meinung nach richtigen Weg zu bringen. Nur bei meinem ungeplanten Abstecher an den Comosee war sie auf einmal wenige Kilometer weit überraschend still, bis sie sich wieder gefasst hatte.

Der letzte Punkt meiner Tagesetappe war von mir nicht beim Hotel in der Via Nova in Flims gesetzt, sondern auf einem Berg in der Umgebung. Und so forderte mich Susi im Tunnel vor Flims mehrmals nachdrücklich auf, die Straße zu verlassen und zeigte das auch am Display durch viele neue Fähnchen an. Jetzt war mir klar, dass man als Fahrer schon sehr gefestigt sein muss, um nicht Susi blind zu folgen und dann auf einer Schipiste, einem Wanderweg einer Sackgasse ohne Umkehrmöglichkeit oder in meinem Fall in einer Tunnelwand zu landen, was ja immer wieder vorkommt. So erreichte ich nach Aufbietung aller meiner mentalen Kräfte um Susi zu widerstehen, doch noch mein Hotel in Flims.

Pässeliste und die vierte Etappe

Passo Aprica
Splügenpass

Kurviger-Route: Edolo-Flims