4 – Vom Comosee über den Splügenpass an den Rhein

Die vierte Etappe führte mich trotz meiner verwirrten Navi-Susi von Edolo an den Comosee und über den Splügenpass bis zum Beginn des „echten“ Rheins.

Von Edolo bis Flims

Hinter dem ganz unscheinbaren Eingang in die Bäckerei und Pasticceria, gar nicht wie beim Motorrad-Treffpunkt gegenüber, verbirgt sich ein modernes Lokal das La Bella Edolo, typisch lombardisch, wir würden eher sagen italienisch mit sagenhaft gutem Gebäck und Kaffee, genau der richtige Ort für mein Frühstück. Ich bin sicher, hier muß ich beim nächsten Mal wieder einen Stopp einlegen.

So gestärkt, ging es dann auf den Passo Aprica, der den Namen „Pass“ von der Ostseite von Edolo aus eigentlich nicht verdient. Nur die Mischung aus vielen Kurven mit 2 Bussen, einem LKW und einigen PKWs zerrt dann doch an den Nerven und es dauerte einige Kilometer, bis ich alle zusammen in fast schon italienischer Manier überholt hatte.
Aprica, wo auch der Scheitel des Passes liegt, war noch festlich geschmückt, da einige Tage vorher die zweite Etappe des Giro Italia der Damen hier halt machte.

Am Ende ging es dann doch noch mit einigen richtigen Serpentinen hinunter ins Valtellina mit der Provinzhauptstadt Sondrio.

Hier muss man sich dann nicht besonders aufhalten, sondern folgt von Tresenda bis Trivio Fuentes zügig der SS38. Heute war sie in dieser Richtung gar nicht so stark befahren wie die letzten Male, sodass ich praktisch ohne Stau rasch durchkam. Dann ging es weiter auf der SS36 Richtung Chiavenna, wo ich aber bald nach der Brücke über die Adda einen Abstecher nach links machte, um an den Comosee zu gelangen. Das Eis und der Cappuccino auf der Terrasse direkt am See gab dann die Kraft für den Splügenpass.

Der Kreisverkehr in Chiavenna, der einerseits zum Malojapass und andererseits zum Splügenpass führt, war aber auch heuer ein Nadelöhr, durch das man sich mit den Seitenkoffern am Motorrad gar nicht so einfach durchschwindeln konnte. Bald begannen die ersten der insgesamt 52 Tornanti (Haarnadelkurven) auf italienischer Seite, wobei es am besten ist, keinen Gegenverkehr in einer dieser Spitzkehren zu haben, denn wenn man auch selbst meist auf der eigenen Fahrbahnhälfte bleiben kann, ist das bei entgegenkommenden Fahrzeugen nicht immer so. Sogar ein Schweizer youtube-Autotester spricht vom „Wendekreis des Wahnsinns„, den ein Auto am Splügenpass haben muss.

Dann war es wieder so weit, vor einem Tunnel kam ein längerer Stau und nichts ging mehr. Ich fuhr vor zum Tunneleingang, wo schon viele Biker einen Halt eingelegt hatten. Hier am Punto Panoramico wartete ich mit ihnen ab, bis der Stau sich auflöste. Dabei lernte ich zwei Australier kennen, die schon 6 Wochen in den Alpen mit dem Auto unterwegs waren.

Anscheinend war ein Motorradfahrer im Tunnel gestürzt und hatte sich verletzt. Später dürften dann noch einige Motorräder am entstandenen Ölfleck ausgerutscht sein. Ich konnte aber ohne nennenswerte Schwierigkeiten bis zur Passhöhe hinauf fahren. Die Übung mit den vielen kleinen Sträßchen und Kurven am Vortag (hier nochmals zum Nachlesen) hatte sich bezahlt gemacht und dem Splügenpass den Schrecken genommen.

Die Schweizer Seite hinunter ist besser ausgebaut und auch breiter, so konnte ich die rund 20 Tornanti auch recht zügig durchfahren, wenn ich nicht gerade durch einen ängstlichen oder zumindest bergungeübten Autofahrer gebremst wurde.

Photostopps sind auch hier schwierig bis beinahe unmöglich mit einem Motorrad, speziell mit DSG, wo man keinen Gang hat, der das Fahrzeug im Stehen hält. Die Handbremse ist dabei auch keine wirkliche Hilfe. Darum habe ich mir einige Bilder aus dem Netz ausgeborgt.

Dann erreichte ich schon das Dorf Splügen, das aus verschiedensten Gründen seinen originalen Dorfkern aus Waldner Holzhäusern und eleganten italienischen Palazzi erhalten konnte und machte Halt für eine Mittagspause.

Anschließend folgte ich der alten Splügenstraße B13 talabwärts, die mehr oder weniger parallel zur A13 vom San Bernardino hinunter bis Thusis führt. Sie wird und wurde an vielen Stellen ausgebaut und neu asphaltiert und kann daher meist flott durchfahren werden. Dann sah ich links eine kleine Holz-Hängebrücke, die ich mir ansehen wollte. Ich musste aber einige Kilometer weiter fahren um umdrehen zu können. Es hat sich aber auf jeden Fall ausgezahlt. Tief unten tost der Vorderrhein und ein gar nicht so kleiner Hangrutsch hat einen Teil des Waldes weggerissen.

Das Bild von Matteo aus Komoot zeigt noch den unversehrten Baumbestand.

Den nächsten geplanten Stopp hatte ich dann bei der Viamala-Schlucht. Diese wird von der alten und neuen Steinbrücke überquert. So wie ich von oben kommend, sieht man zwischen den bis zu 300 m hohen Felswänden nur die neue Brücke aus dem Jahr 1935, aber gleich dahinter liegt die alte nach ihrem Baumeister benannte Wildener-Brücke aus dem Jahr 1735. Man könnte von dort auch über 359 Stufen in die Schlucht hinuntersteigen, aber so viel Zeit hatte ich doch nicht und die Motorradkluft ist dafür auch nicht adäquat.

Die B13 führt dann weiter nach Thusis und Bonaduz wo bald bei Tamins die Abzweigung auf die B19 Richtung Flims folgte. Dabei überquerte ich eine Brücke über den Rhein, wo mir der Blick vom Motorrad aus schon gefiel. Da gleich danach ein kleiner Parkplatz lag, konnte ich gut stehen bleiben und auf die Brücke gehen. Dabei entdeckte ich, dass genau hier der Vorder- und Hinterrhein zusammentreffen und als „Alpenrhein“ den „richtigen“ Rhein bilden, der dann nach rund 1200 Kilometern in Holland in die Nordsee fließt. Im Hintergrund führt auch die Brücke der Rhätischen Bahn vorbei. Diese Strecke durfte ich zu meinem 50. Geburtstag mit dem Glacier-Express von Zermatt bis St.Moritz und dann weiter mit dem Bernina-Express bis Tirano fahren.

Nur wenige Kilometer weiter liegt Flims, wo ich im Hotel Bellevue übernachten wollte. Auf den letzten Kilometern habe ich mein Navi, ein Garmin Zumo XT mit der von mir „Susi“ getauften Computerstimme endgültig verwirrt. Es stellte sich wieder einmal heraus, dass das exakte Setzen der Zwischenziele oder Shapping-Points das Leben von Susi und mein Leben als Fahrer ungemein erleichtern. Susi weist ewig und mit Engelsgeduld zurück auf einen ungenau gesetzten Punkt, bis der nächste erreicht ist. Auf dieser Route war ich einige Male ungenau und so war Susi den Großteil der Strecke beschäftigt, mich auf den ihrer Meinung nach richtigen Weg zu bringen. Nur bei meinem ungeplanten Abstecher an den Comosee war sie auf einmal wenige Kilometer weit überraschend still, bis sie sich wieder gefasst hatte.

Der letzte Punkt meiner Tagesetappe war von mir nicht beim Hotel in der Via Nova in Flims gesetzt, sondern auf einem Berg in der Umgebung. Und so forderte mich Susi im Tunnel vor Flims mehrmals nachdrücklich auf, die Straße zu verlassen und zeigte das auch am Display durch viele neue Fähnchen an. Jetzt war mir klar, dass man als Fahrer schon sehr gefestigt sein muss, um nicht Susi blind zu folgen und dann auf einer Schipiste, einem Wanderweg einer Sackgasse ohne Umkehrmöglichkeit oder in meinem Fall in einer Tunnelwand zu landen, was ja immer wieder vorkommt. So erreichte ich nach Aufbietung aller meiner mentalen Kräfte um Susi zu widerstehen, doch noch mein Hotel in Flims.

Pässeliste und die vierte Etappe

Passo Aprica
Splügenpass

Kurviger-Route: Edolo-Flims

1: Mit dem Motorrad in die Schweiz

Heuer klappt es endlich, ich kann auf der schon für 2023 geplanten Route in die Schweiz fahren. Im Vorjahr hat mir ja leider mein Ischiasnerv am rechten Fuß einen Strich durch die Rechnung gemacht und mich über 10 Wochen vom Motorrad ferngehalten. Jetzt ärgert mich zwar mein Hüftgelenk links, aber mit etwas Übung gelingt das Aufsteigen auch mit Seitenkoffern ganz passabel.

Die geplante Strecke führt am ersten Tag ohne besondere Umwege nach Kärnten, der nächste Tag über den Nassfeldpass nach Italien in die Region Julisch-Venetien, weiter in die Provinz Belluno wo ich, wenn es sich zeitlich ausgeht, vom Passo Feidaia auf die Marmolda hinauf will, die ich bisher nur vom Schifahren kenne. Dann geht es weiter nach Südtirol bis ins Hotel in Pozza di Fassa.

Der nächste Tag führt über den Karerpass nach Bozen, wo ich das Messner Mountain Museum besuchen will,  über Passo Mandola, Passo di Tonale, Passo del Aprica und den Splügenpass bis nach Thusis in Graubünden.

Der letzte Teil am 4. Tag meiner Reise soll dann auf der alten Poststrasse durch die Rheinschlucht und dann weiter über den Oberalppass, den Furka und den Grimselpass bis zum Stausee und danach in einer Schleife über den Nufenen nach Airolo im Tessin und dann auf der Tremola über den Gotthardpass führen. Das letzte Stück von Andermatt mit der Teufelsbrücke und weiter auf den Klausenpass über Glarus bis an den Zürichsee ist der Abschluss des letzten Tages.

Tag 1: Von der Thermenregion übers Apfelland bis ins Kärntner Bergbaugebiet

Mein erster Tag meiner Fahrt an den Zürichsee soll mich nach Kärnten, genauer gesagt in die Nähe von Feldkirchen bringen. Das Wetter verspricht zumindest bis am Nachmittag schön, das heißt nicht verregnet, zu sein, daher starte ich gemütlich um 8 Uhr. Um trotzdem Zeit zu gewinnen und Kilometer zu machen, ist der erste Teil einmal Autobahn, geplant bis Hartberg. Das wird mir aber nach Wr.Neustadt bereits zu langweilig und so verlasse ich in Grimmenstein die Autobahn und fahre über Aspang die Wechselbundesstrasse bis Hartberg und dann gleich weiter bis Gleisdorf durch das Apfelland, denn 75% unser österreichischen Apfelanbaugebietes liegen in der Steiermark.

Die Stadt Graz umfahre ich dann doch wieder bis zum Packsattel auf der Autobahn. Direkt nach der Abfahrt überquere ich die Landesgrenze und befinde mich bereits in Kärnten. Bald darauf entdecke ich die Abzweigung zur Hebalm, von der ich schon als Wandergebiet im nördlichen Teil der Koralpe gehört habe. Die kurvige Straße macht Spaß, doch kurz nach dem Parkplatz beim Hebalmsee sind Asphaltierungsarbeiten mit längeren Wartezeiten im Gange und so drehe ich um und fahre weiter meine ursprüngliche Route.

Aber auch die Packer Bundesstraße B70 macht mit ihren Kurven durch die Wälder wirklich Freude und bringt mich nach Waldenstein, wo schon seit der Römerzeit das seltene Industriemineral Eisenglimmer abgebaut wird.
Ein kleines Kirchlein lädt zum Fotografieren ein und dabei sehe ich am gegenüberliegenden Berghang die Burg Waldenstein, in der laut einem Gedenkstein das Kärntner Heimatlied entstanden ist.

Es geht weiter bis Wolfsberg wo ich Mittagspause mache und mir die Fußgängerzone, die aber teilweise Baustelle ist, ansehe.

In der Pfarrkirche wird der ganz aktuelle selige Carlo Acutis aus Italien, der mit 15 Jahren starb, verehrt und seine Reliquie ausgestellt. Er gilt als „Influencer Gottes“ und „Cyber-Apostel“, nachdem er das Internet nutzte, um die christlichen Werte zu verbreiten. Er spielte gerne mit seinen Freunden Fußball, zwischendurch auch mit der Playstation und war ein Computer-Genie, was sich auch in der Darstellung seiner Reliquie niederschlägt, die dadurch ganz unerwartet anders als andere Reliquien aussieht.

Ich starte wieder Richtung Feldkirchen und entdecke erst durch einen Wegweiser bei der Stadtausfahrt, daß mich das Navi über das Klipitztörl leitet. Bei der Planung daheim ist mir das gar nicht bewußt geworden und ich freue mich schon, als bald die Haarnadelkurven der schmalen Bergstrasse beginnen. Auf der Passhöhe von 1644m mache ich natürlich einen kurzen Fotostopp.

Es ist nicht zu übersehen, daß ich mich hier weiterhin im Kärtner Bergbaugebiet befinde, denn einige Kilometer weiter in Lölling liegen direkt neben der Straße einige Denkmäler der Montanistikgeschichte. Die nur einige Jahrzehnte Ende des 19.Jahrhunderts betriebene Erzröstanlage ist eine der beiden letzten großen weitgehend erhaltenen Röstanlagen in Österreich.

Mein letzter Stopp gilt dem Dom von Gurk, der imposant in dieser kleinen Ortschaft steht und in der sich das Grab der Kärntner Landespatronin Hemma befindet. Der Bau ist schon von außen beeindruckend, doch der Innenraum überwältigt einerseits durch seinen barocken Prunk, andererseits durch die verschiedenen sehr gut erhaltenen Wandgemälde, die ab der Zeit um 1340 entstanden, und einem wunderschönen riesigen romanischen Trichterportal.

Vor dem rechten Seitenaltar ist eine der recht seltenen Fastenkrippen ausgestellt, die von den Krippenfreunden Deutsch-Griffen um die Jahrtausendwende gebaut wurde.


Nach einem Cappuccino im Domcafe mache ich mich wieder gestärkt auf den Weg die letzten Kilometer nach Feldkirchen und dann den Berg hinauf nach Pollenitz zum Gasthaus Wadl. Von meinem Zimmer aus habe ich einen schönen Blick in der Abendsonne auf den Ossiacher See, den wir im letzten Sommer mit dem Fahrrad umrundet hatten. Bei einer herrlichen vom Hausherrn selbst gemachten Bratwurst, einem Bier und lustigen Gesprächen mit Bikerkollegen aus dem Burgenland klingt der Tag aus.

Tag 2: Pässe und Haarnadelkurven bis zum Abwinken

Die ersten schönen Kurven führen über die schmale Straße vom Quartier hinunter nach Feldkirchen. Erst durch einen Wegweiser wird mir klar, daß mich das Navi über die Gerlitzen leitet. Bald kommen die ersten Haarnadelkurven bis hinauf auf rund 1000m zur ehemaligen Missionsstation Klösterle, die heute ein mietbares Ferienquartier ist. Gegenüber liegt auch die Talstation der gleichnamigen Sesselbahn.

Durch das idyllische Krastal geht es ins Drautal und vorbei an der sehenswerten Johannes-Kapelle mit den 14 Kreuwegstationen gegenüber von Schloß Kreuzen auf die Windische Höhe und hinunter ins Gailtal, wo der Weg über Tröpolach auf den Nassfeldpass führt.

Die kurvige Straße geht vorbei an den Hotels der Sonnenalpe Nassfeld bis an den Scheitelpunkt, der zugleich die Grenze zwischen Österreich und Italien markiert.

Entlang des kleinen Sees auf italienischer Seite geht es durch die Felsen in einigen engen Serpentinen und durch einen Kehrtunnel hinunter nach Pontebba im Friaul. Gleich nach der Brücke biege ich rechts ab und es geht raus aus der Stadt auf einem kleinen Strässchen durch den Wald in vielen engen Kurven auf den 1066 m hohen Sella Cereschiatis nach Moggio Udinese, eine wirklich coole und auch malerische Alternative zum eintönigen Kanaltal.

In der Zwischenzeit hat es gute 30 Grad bekommen, da ist die Mittagspause in Cavazzo Carnico auf einer schattigen Bank richig erholsam.

Bei Ampezzo habe ich bei meiner Planung die SP73 zum Lago di Sauris entdeckt, eine wirklich spektakuläre Straße mit unendlich vielen Kurven und einigen fast mystischen gepflasterten und feuchten Felsentunnels mit der Brücke über die tiefe Lumieischlucht. Den letzten Tunnel verlässt man direkt an der 136m hohen Staumauer am See.

Dann geht’s den See entlang und weiter auf den Sella di Rioda, wobei Steigungen von bis zu 13 Prozent und acht Kehren zu meistern sind. Direkt anschließend führt die Strecke über den Sella di Razzo und den Sella Ciampigotto bis hinunter nach Lozzo di Cadore.

In Venas di Cadore verpasse ich beinahe die Ausfahrt Richtung Forcella Cibiana, da hier eine große Baustelle die Straßenführung fast verschwinden lässt. Also nach einigen hundert Metern umgedreht und dem Navi gefolgt und auf der wirklich tollen Strecke durch die Wälder hinauf auf den Scheitelpunkt auf 1536m, von wo der Weg auf den Monte Rite abzweigt, wo sich das Messner Mountain Museum Dolomites befindet. Leider geht sich ein Besuch zeitlich nicht aus, daher bleiben Pass und Museum auf der Bucket List.

Der Passo Staulanza ist das nächste Highlight auf meiner Tour. Die vielen Kurven mit wenig Verkehr und ein paar Haarnadeln mit grandiosem Ausblick machen absolut Spass beim Fahren. Der 3.172 Meter hohe Monte Pelmo erscheint vor der Passhöhe beeindruckend rechts der Straße, ich muss einfach für einige Fotos mit dem schon abendlichen Licht anhalten.

Der Fedeia ist der letzte Pass für heute, er ist zwar fahrerisch nicht besonders aufregend, von dort bei Punta Rocca gäbe es aber die Seilbahn auf die Marmolada, die ich nur vom Schifahren im Winter kenne und daher auf meiner Wunschliste für den Sommer steht. Dort bleibt sie aus zeitlichen Gründen auch weiterhin und ich fahre vorbei am malerischen Stausee und hinunter nach Canazei.

Leider ist der Abendverkehr im Fassatal wirklich dicht und ich staue mich, obwohl ich mich so oft wie möglich vorschlängle, gefühlte Stunden die letzten Kilometer bis zum Hotel in Pozza di Fassa. Es liegt zwar direkt an der Hauptstraße, bietet aber zum Ausgleich vom Zimmerfenster einen traumhaften Ausblick auf die gegenüberliegenden Berge des Schigebietes Buffaure.

Tag 3: Von Südiroler Äpfeln und Wein bis zu Schweizer Kurven

Gleich nach dem Frühstück, meine Crosstourer ist noch feucht vom Morgentau, starte ich bei traumhaften Wetter aus dem Fassatal auf den Karerpass.

Nachdem im November 2018 an die 2290 Hektar Wald rund um den Karerpass vom Sturmtief Vaia beschädigt wurden, hat man seitdem 900.000 Festmeter Holz aufgearbeitet. Ob daraus wieder ein schöner alpiner Wald wird, kann ich als Laie noch nicht erkennen, aber es sieht zumindest so aus, daß alle Flächen wieder bewachsen sind. Die Straßen wurden teilweise verbreitert und neu asphaltiert, was die Befahrbarkeit durch LKWs und Busse erleichtert und für uns Biker sicherer aber auch weniger spektakulär macht.

Vorbei am Karersee geht es dann weiter über den Passo di Lavazè und den Passo di San Lugano nach Auer hinunter und quer über das Etschtal Richtung Kalterer See, der von Obst- und Weinplantagen umrahmt ist.


Dort stelle ich fest, dass mir das Navi den Weg zum Messner Mountain Museum Firmian unterschlagen hat und ich muss meine Tour anpassen. Ich erreiche schließlich nach wenigen Minuten den Parkplatz der Burg. Zu meinen Eindrücken davon gibt es noch einen extra Blog.

Nach dem Museumsbesuch freue ich mich schon auf die Auffahrt zum Passo Mandola, die sich in flüssigen Kurven zuerst durch den Wald und später durch die Felsen mit fantastischer Aussicht über das Etschtal bis auf 1363m hinaufwindet. Die Mendelbahn, eine der steilsten Standseilbahnen Europas, bringt ihre Passagiere in 12 Minuten von St. Anton in Kaltern ebenfalls auf die Passhöhe.

Hoch oben an den Hängen der Mendel entlang geht es weiter durch Weingärten mit Rebsorten wie zum Beispiel Gewürztraminer, Weißburgunder und Sauvignon und einem traumhaften Blick ins Tal. Nach Fondo, hoch über der Santa Guistina-Talsperre, und Dimaro, wo ich bei meiner Heimfahrt aus der Schweiz vor zwei Jahren übernachtet habe, führen mich die Serpentinen hinauf auf den Passo di Tonale wo ich mir einen Kaffee kaufe.

Bis zum Jahre 1919 verlief entlang des Tonalepasses die altösterreichische Grenze und entsprechend umkämpft war diese Region im ersten Weltkrieg. Heute erinnert daran auf der Scheitelhöhe das Denkmal „Victoria“ mit einer Halle, in denen der Tausenden österreichischen und italienischen Soldaten gedacht wird, die hier im ersten Weltkrieg ihr Leben ließen.

Es geht weiter nach Edolo über den Passo del Aprica ins Veltlin weiter. Das weite Tal ist die Heimat vieler primär roter Rebsorten, diese haben aber mit unserer namensähnlichen weißen Rebsorte grüner Veltliner nichts zu tun.

Vorbei an der Provinzhauptstadt Sondrio fahre ich bei starkem Nachmittagsverkehr fast bis an den Comosee und dann weiter bis Chiavenna, wo die Straße auf den Maloja Richtung St.Moritz abzweigt. Da bin ich vor 2 Jahren gefahren, daher soll es diesmal über den Splügenpass in die Schweiz gehen. Nach Chiavenna wird der Verkehr wieder viel ruhiger und ich halte nochmals kurz am Lago di Prestone.

Die heutige Strasse über den Splügen wurde von den Österreichern, die damals in Mailand herrschten, erbaut und im Sommer 1822 fertiggestellt.

Ein Schwer-LKW mit Hänger biegt kurz vor mir von einem Parkplatz heraus und so muss ich die ersten vier Haarnadelkurven des Splügenpasses im Schrittempo nehmen. Gott sei Dank ist hier auch nur geringer Gegenverkehr und so kann ich auf einer kurzen Geraden überholen. Dann geht’s los, es sind auf italienischer Seite hinauf noch weitere 48 Spitzkehren und 23 auf Schweizer Seite hinunter. Die Straße ist praktisch überall breit genug um auch in den Kehren auf der eigenen Seite zu bleiben, es schadet aber nicht, trotzdem den Gegenverkehr immer im Auge zu haben, falls jemand die Kurve schneidet oder ein Bus oder LKW einfach mehr Platz braucht.

Spannend ist es, als in einer Linkskurve, die direkt in einen Tunnel mündet, auf der Bergaufspur ein Wohnmobil eine Panne hat, ein Abschlepper dahinter steht und dadurch nur 2/3 der recht steilen Innenkurve zum Vorbeifahren zur Verfügung stehen. Zumindest regelt einige Kilometer weiter die Polizei den Bergabverkehr damit es zu keinen unnötig gefährlichen Begegnungen kommt.

Vorbei am Lago di Montespluga erreiche ich nach einem kleinen Photostopp die Passhöhe von 2114 m und kurz darauf die Schweizer Grenze mit dem unbesetzten Zollhaus. Auch die Strecke hinunter ist spektakulär mit einigen schönen Aussichten auf die Kurvenfolgen.

Nach der Ortschaft Splügen führt mein Weg auf der H13, der Bundesstraße neben und unter der Autobahn A13 bis Thusis und ins Hotel Waldheimat in Fürstenau, das sich mit rund 350 Einwohnern die kleinste Stadt der Welt nennt. Die kleinste Stadt Österreichs, Rattenberg in Tirol mit rund 500 Einwohnern hat da schon fast Großstadtcharakter.

Bei einem kleinen morgendlichen Rundgang entdecke ich einige nette Metallfiguren und ein Haus mit interessanten Gemälden biblischer Szenen und einen Radweg entlang des hier noch recht schmalen Rheins.

Wichtig zu beachten in der Schweiz: die Wegweiser für Autobahnen sind grün, während sie bei uns blau sind, eine Verwechslung ohne Autobahn-Vignette kann sonst teuer werden. Ich hoffe, daß ich ohne Busse (Schweizer Strafmandat) davonkomme, da ich nur bis zur nächsten Ausfahrt gefahren bin.

Tag 4: Die Rheinschlucht und spektakuläre Pässe bei Sonnenschein und Regen

Zu meinen Fünfziger hatte ich eine Fahrt mit dem Glacierexpress von Zermatt bis St.Moritz geschenkt bekommen, dabei ging es auch durch die Rheinschlucht. Die Ruinaulta, wie sie auch heißt,  ist eine bis zu 400 Meter tiefe und rund 13 Kilometer lange Schlucht des Vorderrheins zwischen Ilanz und der Mündung des Hinterrheins bei Reichenau im Kanton Graubünden.

Heute, 13 Jahre später, möchte ich von meinem Quartier in Fürstenau so rasch wie möglich nach Bonaduz, wo ich abbiege und schon in ganz kurzer Zeit bin ich in einer Linkskurve direkt an der Aussichtsplattform Zault mit einem Traumblick in die Rheinschlucht und auf die Schienen der Rhätischen Bahn, wo gerade an der neuen Steinschlaggalerie gebaut wird.

Nach dem Photostopp geht es kurvenreich weiter, bis ich in Versams zur Abzweigung zum Bahnhof komme.

Im Ortsgebiet werde ich auf einmal geblitzt, ich habe anscheinend die 30er Zone übersehen und hoffe es wird nicht allzu teuer. Leider überholt mich die Schweizer Busse und ist vor mir daheim angekommen, ich darf für 41 km/h mit 5 km/h Toleranz, 6 km/h offiziell zu schnell, 126,32 Euro an die Kantonspolizei Graubünden überweisen.

Ich fahre die einspurige Straße mit ihren zwei Spitzkehren am unteren Ende bis zum Bahnhof, neben dem sich auch eine Kanu- und Raftingschule befindet. Es passt zeitlich wieder gut und ich kann nochmals einen Zug fotografieren.

Bei der Auffahrt bemerke ich, daß mein Tank schon wieder auf Reserve steht und ich dringendst auffüllen muß. Nach dem malerischen Safiental weist mir in Ilanz ein netter Einheimischer den Weg zu einer Tankstelle und meine Weiterfahrt ist wieder gerettet. Mit einigen Serpentinen geht es hinauf bis Obersaxen und bald darauf biege ich in die Kantonsstrasse H19 ein, die mich über den Oberalppass nach Andermatt und über den Furkapass bringen soll.


Wegen der vielen Unwetter waren durch Steinschläge und Erdrutsche die umliegenden Pässe wie Furka, Grimsel und Nufenen gesperrt, aber ab heute soll wieder alles frei befahrbar sein. Eigentlich war mein Plan, nach dem Furka vom Grimsel wieder hinunter und dann über den Nufenenpass nach Airolo zu fahren um dann die Tremola auf den Gotthardpass zu erklimmen.

Ein Zwischenstopp beim legendären Hotel Bellevue mit Blick auf den Alletschgletscher muss natürlich sein, und es ist wirklich imponierend, von dort die Kurven hinunter und den Grimsel wieder hinauf zu sehen.

Nachdem das Wetter leider hält was es verspricht und der Regen mich schon bei der Auffahrt auf den Grimselpass erwischt, mache ich beim Stausee nur einige Eisfotos und fahre wieder hinunter und den Furka wieder hoch. Nach wenigen Kilometern bin ich komplett nass und ab der Passhöhe zieht dann noch Nebel auf und es grenzt mit einer Sicht von wenigen Metern und einem verregneten Visier fast einem Blindflug durch die vielen Haarnadelkurven hinunter ins Tal.

Hungrig, nass und ausgekühlt falle ich tropfend in das Hotelrestaurant Sonne im Zentrum von Andermatt ein. Die beiden Serviertöchter (Kellnerinnen) schauen mich mitleidig an, aber ich bekomme sofort einen Tisch, wo ich meine nasse Jacke und und die noch nässeren Handschuhe ausziehen kann. Die kleine Nachmittagskarte ist umfangreicher als gedacht und ich bestelle eine gegrillte Pouletbrust mit Gemüse und danach einen Obstsalat mit Eis und einen Espresso.

Gestärkt, mit einer wärmenden Weste unter der Motorradjacke und den trockenen Ersatzhandschuhen steige ich wieder auf mein Motorrad und fahre auf der alten H2, die parallel zur A2, der Autobahn vom und zum Gotthardtunnel, ins Tal hinunter. Richtung Süden staut es sich vor dem Tunnel mindestens 10 Kilometer, da bin ich froh, daß ich auf meiner Crosstourer in der Gegenrichtung sitze, auch wenn es schon wieder etwas regnet.

Entlang des Ostufers des Vierwaldstättersees über Schwyz, Biberbrugg und Schindeleggi fahre ich dann ohne Pause und mehr oder weniger direkt an den Zürichsee, die Seestrasse entlang und bin froh, das Motorrad in die Tiefgarage stellen zu können und aus den nassen Klamotten zu kommen.

Meine Frau ist schon am Vorabend mit dem Flugzeug aus Wien gelandet und froh, daß ich nach fast 1400 Kilometern auch gut angekommen bin. Einer schönen Schweiz-Woche steht außer dem unsicheren Wetter nichts mehr im Weg.

Links

Tag 1
https://www.obstland.at/908/Apfelanbau-in-der-Steiermark
https://www.kath-kirche-kaernten.at/pfarren/detail/C3282/stadtpfarre-wolfsberg-erhaelt-reliquie-des-seligen-carlo-acutis
https://www.bmf.gv.at/themen/bergbau/bergbau-in-oesterreich/industrieminerale2/eisenglimmer.html
http://www.kleindenkmaeler.at/detail/montanhistorische_bauten_in_loelling
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dom_zu_Gurk
https://www.gasthof-wadl.at/

Tag 2
https://www.kaernten.at/motorrad/motorrad-aussichtspunkte-ausfahrt-mit-ausblick/
https://www.daskloesterle.at/
https://alpenrouten.de/Lumiei-Val-Lumieischlucht_point573.html

https://www.sauris.org/de/unberuehrte-natur/#see
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Passo_Cibiana
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Staulanzapass
https://alpenrouten.de/Razzo-Sella-di-Razzo-Casera_point405.html

Tag 3
https://www.messner-mountain-museum.it/de/firmian/museum/
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Veltlin
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Spl%C3%BCgenpass
https://youtu.be/NeAYb44s3DI?si=Jz61Dk4JrdhNJuPn
https://nossaistorgia.ch/entries/KEAVXQvPDNa
https://www.zhkath.ch/kirche-aktuell/spiritualitaet-seele/die-josefsgeschichte-als-freskomalerei

Tag 4
https://alpen-paesse.ch/de/
https://www.tcs.ch/de/tools/verkehrsinfo-verkehrslage/paesse-in-der-schweiz.php
https://youtu.be/Q7tDEhmD33E?si=Y_63D9fvBPpddsH3

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bergpoststrasse
https://www.nzz.ch/articleD7WD0-ld.371172
https://www.surselva.info/Media/Touren/Rheinschlucht-Ruinaulta-Ilanz-Reichenau
https://www.rhb.ch/de/blog/steinschlaggalerie-aulta