Erwin Wurm in der Albertina Modern

Der künstlerische Ansatz von Erwin Wurm hat mich in diesem Blog zu einer etwas anderen Herangehensweise an sein Werk herausgefordert.

Mit (m)einer nicht ganz ernst gemeinten Annäherung an Enzesfeld

Ich habe eine sehr weit hergeholte These: der weltbekannte Künstler Erwin Wurm muß mindestens zweimal in meinem Heimatort Enzesfeld gewesen sein. Worauf ich diese These stütze, lest ihr in diesem Blog. Zu einigen anderen Skulpturen gebe ich euch auch meinen ganz unkünstlerischen Zugang weiter und erzähle zum Schluß noch eine kleine Geschichte mit echtem Enzesfeld-Bezug.

Besuch der Ausstellung fast im letzten Moment

Fast hätte ich es übersehen, daß die Erwin Wurm Ausstellung in der „Albertina Modern“ am Wiener Karlsplatz bereits am 9.März 2025 zu Ende geht und so bin ich am Freitag davor noch rasch in Zug und U-Bahn gesprungen um mir dieses Ereignis zu gönnen. Wer es ganz verpasst hat, hat von 7.März bis 7.September 2025 im Linzer Francisco Carolinum die Chance, mit seinen fotografischen Werken einen weiteren Teil des umfangreichen Schaffens des Künstlers zu sehen. (Siehe Link unten)

Retrospektive  zum runden Geburtstag

Aus Anlass seines 70. Geburtstags zeigte die „Albertina Modern“ erstmals eine umfassende Retrospektive seines vielseitigen Werks, das uns in Form von Skulpturen, Zeichnungen und Handlungsanweisungen, Videos und Fotografien einlädt, das Paradoxe und Absurde unserer Welt zu beleuchten.

Erwin Wurm, der eigentlich Maler werden wollte, aber dann statt in der Malerklasse in der Bildhauerklasse landete, zählt zu den international bekanntesten zeitgenössischen Kunstschaffenden Österreichs. Schon allein deswegen ist es interessant, sich mit ihm und seinem Werk auseinanderzusetzen.

Mein persönlicher erster Zugang zu Erwin Wurm war bereits 2010 im damaligen Essl-Museum in Klosterneuburg. Dort habe ich das erste Mal das „Narrow House“ gesehen, ein Modell seines Elternhauses, das er auf ein Sechstel seiner Größe in der Längsachse reduziert hatte. 2011 war Wurm damit auf der 54. Kunstbiennale in Venedig vertreten.

Schmelzende Häuser

Eine Weiterentwicklung dieses Themas ist auch in dieser Ausstellung zu finden, ein Haus mit Klassenzimmer kann sogar betreten werden und wirkt zumindest auf mich einerseits sehr einengend, andererseits weckt es Erinnerungen an das nicht mehr bestehende Gymnasiumsgebäude in Wieselburg, das damals ohne Verzerrung ähnlich ausgesehen hatte.

Paradox und vielleicht auch absurd

Das Paradoxe und Absurde zog mich sofort nach dem Eintreten in den Bann, denn es ist wahrscheinlich gar nicht so einfach, Alltagsgegenstände vom Socken über Kleidungsstücke bis zu Autos und Häusern so verändert darzustellen, daß die Aussage dahinter eine ganz andere, meist paradoxe Verzerrung wird.

Seine konzeptionellen Anfänge noch während des Studiums kamen aus den Materialien, die er nahe seines Ateliers fand, nämlich Kleidungsstücke, Holz und Metall. Als Bildhauer mit der Malerei in seinen Genen begann er dann die Gegenstände so zu formen, daß sie den menschlichen Körper thematisieren und dann zuerst mehrfarbig und später einfarbig zu bemalen.

Psyche und was es ist

Das erste Indiz, daß Erwin Wurm in Enzesfeld künstlerische Anleihen genommen haben könnte, findet man am Spielplatz. Das ist nicht irgendein Spielplatz, denn die Figuren wurden unter der Leitung des Bildhauers Mathias Hietz im Rahmen eines Steinbildhauersymposions von international renommierten Künstlern in den Jahren 1981/82 gestaltet. Und eine dieser Figuren könnte Erwin Wurm zumindest als Inspiration gedient haben, wie die Fotos hier beweisen. Einen Haken hat die Figur auf unserem Spielplatz: die Kinder müssen ohne Handlungsanweisungen herausfinden,  was sie damit machen könnten. Erwin Wurm gibt auf seiner Figur diverse Tipps,  was man damit machen könnte und sollte – für Erwachsene sicher anregend, Kinder brauchen das nicht.

Es gibt aber auch Handlungsanweisungen, die die Betrachter und „Begreifer“ in ihrer Freiheit nicht einengen, was aber dazu führt, daß die Securities in der Albertina die Bälle  von Zeit zu Zeit aufsammeln und zusammenlegen um das Kunstwerk nicht zu verlieren.

Hier in diesem Youtube Video erklärt Erwin Wurm, wie er es wirklich meint: 

Fat Car

Das zweite Indiz für einen Enzesfeld-Bezug zeigte sich unübersehbar in Form eines roten Cabrios. Mein Bekannter R. aus Enzesfeld besitzt ein rotes Ford Mustang Cabrio und Erwin Wurm hat anscheinend dieses Cabrio aufgeblasen, ausgestopft, wattiert, gefüttert, bis es so adipös aussieht. Die untenstehenden Bilder beweisen das aus meiner Sicht perfekt.

Übrigens, Erwin Wurm hat neben fünf anderen Autos hier eigentlich einen roten Porsche verwandelt.

Performative Skulpturen

Eine der für mich beeindruckensten Objekte fand ich unter den „performativen Skulpturen“, bei denen Erwin Wurm typische Alltagsgegenstände verformt und verunstaltet. Für einen Mitteleuropäer wie mich ist das zwar kein Alltagsgegenstand, aber leider gibt es gerade heute leider viele, für die eine Pistole genau das ist.

Erwin Wurm hat sie, wie wenn sie mit einem Autoreifen überfahren worden wäre, verformt und unbrauchbar gemacht, und das überdimensional.

Ein Hinweis an die großen Führer unserer Zeit, der leider ungehört und ungesehen zu sein scheint.

Unter Studienkollegen spricht es sich einfacher

Zum Abschluss habe ich nach den zugegeben sehr konstruierten Bezügen eine Geschichte, die mir mein Freund, der akademische Maler Prof. Christian Kvasnicka, der seit vielen Jahren in Enzesfeld lebt, erzählt hat. Erwin Wurm und Christian Kvasnicka sind fast gleich alt und kennen sich daher schon seit dem Studium.

Jahre später wollte der Marketing-Chef der Wien Energie, Dr. Peter Meierhofer, als letzte Ausstellung des Wien Energie-Museums in der Spittelau eine Erwin Wurm-Schau ausrichten. Nur hatte er ein Problem: Erwin Wurm reagierte nicht auf die Einladung, weder per Anruf, Mail, noch brieflich. Peter Meierhofer kannte Christian Kvasnicka aus dessen Tätigkeit als Leiter des „Art Collectors Club“ des Wiener Roten Kreuzes und schilderte ihm sein Problem.

Erwin Wurm war schon sehr arriviert und zählte bereits zu den international bekanntesten zeitgenössischen Kunstschaffenden Österreichs. So sah er für sich das Potenzial einer Ausstellung bei der Wien Energie nicht, doch Christian konnte ihn mit einem kurzen Anruf überzeugen, bedeutende Werke zur Verfügung zu stellen, ohne zu viel mit Details zu tun zu haben. Die Assistentin Christians, Monika Schlucker sollte als einzige Kontaktperson fungieren. Erwin Wurm kam dann sogar in der Vorbereitungszeit in die Spittelau und zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Die Ausstellung wurde ein Riesenerfolg und die Wien Energie ist seit damals Besitzerin einer Skulptur von Erwin Wurm, eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Aus dem Essl Museum wurde die „Albertina Klosterneuburg“

Wer es nicht mehr wissen sollte, das Essl Museum im Besitz von Karl-Heinz Essl hat zwischen 1999 und 2016 fast 200 Austellungen zeitgenössischer internationaler und österreichischer Kunst in wechselnden Ausstellungen präsentiert. Seit 9. April 2024 ist es als „Albertina Klosterneuburg“ wiedereröffnet.

Links

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erwin_Wurm
https://www.albertina.at/albertina-modern/
https://www.albertina.at/albertina-modern/ausstellungen/erwin-wurm/
http://sammlung-essl.at/museum__sammlung/das_essl_museum
https://www.ooekultur.at/exhibition-detail/erwin-wurm
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bildhauersymposion_Lindabrunn
https://www.wienerwald.info/ausflug/a-bildhauer-symposion-lindabrunn
https://www.galerie-albertina.at/kunstwerke/34263/fat-convertible/
https://www.museum-joanneum.at/skulpturenpark/entdecken/skulpturen/36-fat-car
http://www.kvasnicka.at
https://www.wienenergie.at/privat/erleben/standorte/wien-energie-erlebniswelt/
https://www.roteskreuz.at/wien/artcollectorsclub

Caspar David Friedrich in New York

Ausstellungsplakat: Copyright Metropolitan Museum of Art

Es soll ja Menschen geben, die nach einem Jahr Caspar David Friedrich rauf und runter in Deutschland noch nicht genug davon haben. Wenn sie dann auch noch trotz Trump in die USA fliegen mögen und sich über einen Österreich-Bezug freuen, ist für sie „The Soul of Nature“ („Die Seele der Natur“) im renommierten New Yorker Metropolitan Museum in Manhattan genau richtig.

Noch bis 11. Mai 2025 sind dort und 75 Werke dieses Landschaftsmalers der Romantik zu sehen, die ähnlich dem Konzept in Dresden, von ausgewählten Werken anderer zeitgenössischer Künstler begleitet werden.

Georg Friedrich Kersting, Caspar David Friedrich in seinem Atelier, um 1812, Öl/Lw, 53,5 × 41 cm (Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Foto: Reinhold Wallner)

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit den drei deutschen Spezialisten für diesen Künstler, der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Hamburger Kunsthalle und weiteren Leihgaben von anderen öffentlichen Institutionen und Privatsammlungen in Europa. Außerdem findet man, zum ersten Mal vereint und daher auch für Europäer besonders interessant, die einzigen 5 Bilder Caspar David Friedrichs, die sich in Museen in den USA befinden (im Metropolitan Museum of Art, im Kimbell Art Museum, im J. Paul Getty Museum, in der National Gallery of Art und im Saint Louis Art Museum).

Den Österreich-Bezug bin ich noch schuldig. Es gibt ja immer wieder Österreicher, die die Bedeutung der Kunst in die Welt hinaustragen. Max Hollein, gebürtiger Wiener und Sohn des auch in der Kunstwelt nicht ganz unbekannten Architekten Hans Hollein, gehört auf jeden Fall dazu. Er ist nach einigen Stationen in Deutschland und den USA seit August 2018 der 10. Direktor des Metropolitan Museum of Art seit Bestehen.

Ich werde nicht dort sein, aber den anderen Fans dieses Künstlers wollte ich diese Info trotzdem nicht vorenthalten, weil die Ausstellung in dieser Form einzigartig ist und wahrscheinlich auch einmalig bleiben wird.

Rückblick auf die Ausstellung in Dresden

Falls jemand neugierig ist und meinen Blog dazu nicht gelesen hat:

Weitere Links

https://www.metmuseum.org/de/press-releases/caspar-david-friedrich_german-2025-exhibitions


https://www.dw.com/de/caspar-david-friedrich-erobert-manhattan/a-71548230


https://stfndw.com/2018/kunst/max-hollein-portrait-direktor-metropolitain-museum/

Darf man Gauguin noch ansehen? – Gaugin unexpected im Kunstforum Wien

Neben der Albertina ist das Bank Austria Kunstforum Wien auf der Freyung auch ein regelmäßiger Fixpunkt für mich geworden.

Seltene Gauguin Retrospektive

Im Herbst und Winter 2024 steht das erste Mal seit 1960 eine große Retrospektive zum Werk Paul Gauguins in Wien auf dem Programm, ein Grund mehr, sich das anzusehen. Und weil ich nach meinem Albertina-Besuch noch Zeit hatte, nutzte ich diese wahrscheinlich nicht so rasch wiederkommende Gelegenheit.

Zu sehen sind Bilder von seinen Anfängen als Postimpressionist bis hin zu seiner Vorreiterrolle als einer der Väter der Moderne, wobei seine Weiterentwicklung vom Spätimpressionisten zum Symbolisten und Synthetisten im Mittelpunkt steht. Seine Bildsprache war ihrer Zeit weit voraus und wirkte so bis ins 20. Jahrhundert und noch bis heute.

Fragen

Aber- darf man einen Künstler, der mehrfach mit 13 jährigen Mädchen zusammenlebte und auch Kinder mit ihnen hatte, überhaupt heute noch ausstellen und ansehen? Ich will mir kein Urteil über das Leben Gauguins anmaßen, weil auch der Zusammenhang mit der damaligen Lebensweise in den Kolonien und der damaligen Gesetze (Codex Napoleon, nachdem Mädchen mit 12 Jahren geheiratet werden dürfen) nicht ausser Acht gelassen werden darf.

Aber es ist auf jeden Fall notwendig, nicht nur die Werke in seiner künstlerischen Kraft zu sehen, sondern aus dem Kontext heraus zu betrachten, was die Unterschiede zwischen damals und heute sind und genau so ob wir sogenannten westlich geprägten Menschen heute mit Menschen anderer Kulturen immer korrekt umgehen.

Der Versuch von Antworten

Das Kunstforum schreibt auf ihre Homepage zur Ausstellung: „Heute, unter den Aspekten von postkolonialistischem Diskurs und Sexismus- und Missbrauchs-Debatten, hinterfragen wir die Figur und die Haltung eines Künstlers, dessen formalästhetisch neues und aufregendes Werk uns weiterhin begeistert.“ Und weiter : „Heute müssen wir der Figur Gaugin vor dem Hintergrund unseres Verständnisses von Exotik, Kolonialismus, Missbrauch Minderjähriger und kultureller Aneignung begegnen.“

Auf einer Schautafel einer Ausstelllung in der National Gallery in London vor einigen Jahren hieß es ebenfalls sehr deutlich: „Zur Zeit Gauguins waren frauenfeindliche Fantasien über polynesische Frauen weit verbreitet … Es kann keinen Zweifel daran geben, dass Gauguin seine privilegierte Stellung als westlicher Besucher ausnutzte, um die vorhandenen sexuellen Freiheiten bis aufs letzte auszuschöpfen.“

Unter dieser Prämisse bin ich dann auch durch die Ausstellung gegangen. Farbenprächtige Bilder die auf Tahiti Wirklichkeit, Wunschtraum und möglicherweise auch Angeberei zur Gewinnmaximierung ineinander verschmelzen, lassen uns aber nicht los.

Zwiespältiges Erlebnis

Ein ausgewanderter Banker in Geldnöten, der den Geist der Zeit als privilegierter Europäer sicher ausgenutzt hat, malt Bilder die in ihrer Intensität seinesgleichen suchen und heute noch genauso fesseln. Die Ausstellung lässt mich zwiespältig zurück.

Zur Klarstellung: Ich möchte aber auch keine Cancel Culture, in der Ausstellungen dieser Art nicht mehr möglich sind und mit falsch verstandener Political Correctness Zensur ausgeübt wird. Wichtig dabei ist aber die kritische Auseinandersetzung und die richtig dargestellte Einordnung in die aktuelle Denkweise.

Links

https://www.kunstforumwien.at/de/ausstellungen/500014/Gauguin-unexpected
https://www.derstandard.at/story/2000134936702/ein-mythos-ist-nicht-mehr-zu-retten-paul-gauguin-in
https://www.sueddeutsche.de/kultur/gauguin-portraits-in-london-auch-ich-in-ozeanien-1.4676755
https://wien.orf.at/stories/3275561/
https://www.monopol-magazin.de/die-verstoerende-seite-des-malerhelden

Ein Nachmittag in der Albertina in Wien

Die Grafische Sammlung

Die Albertina war vor Klaus Albrecht Schröder eine altehrwürdige Sammlung von Druckgrafiken, die zum Großteil aus dem Besitz von Herzog Albert Kasimir von Sachsen-Teschen stammt. Das sicher berühmteste Bild daraus ist der sogenannte „Dürer-Hase“, den wahrscheinlich jedes Kind vom Zeichenblock kennt und der mich immer schon fasziniert hat. 2019 wurde er zum letzten Mal ausgestellt, ich habe ihn damals natürlich gesehen.

Die Sammlung Batliner

Eine weitere Anziehungskraft hat für mich die Sammlung Batliner, die seit 2007 als Dauerleihgabe Werke des Impressionismus und dem Postimpressionismus von Monet, Renoir und Cézanne bis zum Deutschen Expressionismus u.a. von Kokoschka und Böckl und als Draufgabe noch Bilder von Picasso zeigt. Ich sehe sie mir immer wieder einmal an, diesmal habe ich sie ausgelassen, weil mir sonst die Zeit für die anderen Ausstellungen gefehlt hätte.

Claude Monet | Blick auf Vétheuil | 1881 | Öl auf Leinwand | © Albertina, Wien. Sammlung Batliner

Chagall

Die finale Ausstellung von Klaus Albrecht Schröder nach 25 Jahren als Direktor der Albertina widmet sich dem Werk Marc Chagalls, der aus einer jüdisch-orthodoxen Arbeiterfamilie aus Witebsk stammt (damals im russischen Zarenreich, heute in Belarus), wo Chagall in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs.

Die Bilder Chagalls zeigen die Umwälzungen in seinem Leben, von der Periode in Paris über die Zeit in der Heimat während der russischen Revolution und wieder in Paris, von wo er 1941 nach Amerika fliehen muss. Sie erzählen immer wieder auch Teile der Geschichte der osteuropäischen Juden, vom Leben im Schtedtl und seines eigenen damit untrennbar verbundenen seelischen Zustandes. Ab 1948 lebte Chagall in Südfrankreich und starb dort 1985 mit 97 Jahren.

Ich zeige euch hier nur ein paar Bilder aus den rund 100 ausgestellten Werken der verschiedensten Schaffensperioden, um Appetit auf die Ausstellung zu machen, die noch bis 9.Februar 2025 zu sehen ist.

Robert Longo

Die Präsentation der Bilder von Robert Longo (geboren 1953 in Brooklyn) genauso wie der von Gottfried Helnwein im letzten Jahr passen aus meiner Sicht ganz perfekt in die Tradition der Grafischen Sammlung Albertina.

Als ich im Untergeschoss ankomme, bin ich gleich vom ersten Werk überwältigt. Dieser Photorealismus in Schwarzweiß zieht nicht nur mich, sondern den Großteil der Menschen in der Ausstellung in ihren Bann. Auf den ersten Blick glaubt man ein Photo vor sich zu haben, auf den zweiten Blick denkt man an eine perfekte Kopie eines Photos und erst am dritten Blick erkennt man die Transformierung in eine überdimensionale Kohlezeichnung, wo das eigentliche Motiv des Bildes etwas ganz anderes ist als das auf den ersten Blick sichtbare.

„Die spannenden Licht- und Schatteneffekte der Zeichnungen betonen die Plastizität der Dinge und die Tiefe des Raumes. Sie lassen das Motiv ebenso real wie unwirklich erscheinen. Das satte Schwarz der in das Papier eingeriebenen Kohle verschlingt jegliches Licht.“ So beschreibt es der erklärende Text auf der Albertina-Homepage. Ich füge dem nichts mehr hinzu und lasse einige Bilder für sich sprechen, den Rest muss man gesehen haben und das geht noch bis 26.Jänner 2025.

Adrian Ghenie

Genauso ambivalent, wie ich vor den originalen Bildern Egon Schieles stehe, blicke ich in der Ausstellung im Erdgeschoß auf die Bilder von Adrian Ghenie.

Er beschäftigt sich mit Schieles verlorenen Werken, von denen es nur Schwarz-Weiß-Fotografien gibt. Adrian Ghenies eindringliche künstlerische Fähigkeit bringt diese verschollenen Kunstwerke in einer zumindest für mich eher verstörenden Art zurück. Die Figuren erinnern eher an Aliens, als an Menschen und versuchen so, die expressiven Empfindungen Schieles herauszuarbeiten.

Andrian Ghenie, 1977 in Rumänien Baia geboren und heute in Berlin lebend, erkundet Schieles expressive Empfindungen in seinem hier gezeigten Zyklus „Schattenbilder“ weniger in stilistischer Hinsicht, sondern in jener der inneren „Haltung“, wie der Künstler es ausdrückt.

Die eigenen Erkundungen der Ausstellung dazu sind noch bis 2.März 2025 möglich.

Links

http://www.albertina.at
https://www.news.at/menschen/abschied-klaus-albrecht-schroeder
https://www.derstandard.at/story/3000000246113/klaus-albrecht-schroeder-tritt-ab-den-hasen-kenn-ich-wirklich-zur-genuege
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Albertina_(Wien)
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Marc_Chagall
https://www.albertina.at/ausstellungen/chagall/
https://www.albertina.at/ausstellungen/robert-longo/
https://www.albertina.at/ausstellungen/adrian-ghenie/

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Helnwein

Mit dem Motorrad zum Renaissance-Schloss Schallaburg

Die Schallaburg in der Nähe von Melk an der Donau wird seit 50 Jahren als Ausstellungszentrum des Landes NÖ genutzt. Zu diesem Jubiläum besannen sich die Verantwortlichen der Wurzeln des Schloßes und richteten eine Ausstellung mit dem Thema „Renaissance einst, jetzt und hier“ ein.

Weil ich gerne mehrere schöne Dinge miteinander verbinde, nutzte ich das sonnige Wetter und fuhr mit dem Motorrad über den Wienerwald in das Gebiet südlich von St.Pölten, das äußere Pielachtal, ein bisschen Dunkelsteinerwald bis in die Nähe von Loosdorf mit Blick auf die imposante Schallaburg. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, daß wenige Tage später große Teile meiner Motorrad-Route im Hochwasser versinken sollten.

Geschichtsträchtige Gegenwart

Diese Ansicht kennen alle, die auf der Autobahn A1 Richtung Wien fahren und einige Kilometer nach dem Blick nach links zum Barockstift Melk rechts ein Schloß mit einem imposanten Turm am bewaldeten Hang entdecken.

Die Spuren der Renaissance in Niederösterreich sind an vielen Orten zu erkennen, von Krems über Wr.Neustadt bis eben zur Schallaburg. Diese Epoche von nicht ganz 200 Jahren ging aus dem hundertjährigen Krieg hervor und ist einerseits als Wiedergeburt der Antike und andererseits als eine erstmalige Emanzipation des Bürgertums von Adel und Klerus zu verstehen. Das zeigt sich nicht nur in der Kunst, sondern auch in der Wissenschaft und Bildung. All das wird in dieser sehenswerten Ausstellung, die noch bis 3.November 2024 läuft, thematisiert.

Der Innenhof der Schallaburg mit seiner Terrakotta-Verkleidung wurde zu ihrem Markenzeichen und zugleich zu einem Denkmal der Renaissance. Terrakotta war aber schon in der Antike ein beliebtes Material gewesen, beispielsweise bei der Herstellung der Tanagra-Figuren. Sie stammen aus der gleichnamigen Stadt in Zentralgriechenland und wurden in großen Mengen exportiert. 

Schattenprojektion – eine etwas andere Darstellung des Schloßes

Dieses Kunstobjekt soll auf die drei große Erzählbereiche aufmerksam machen: das Renaissanceschloss, das Menschenbild und die Lebenswelt der Renaissance.
Die Schallaburg wurde unter dem Adelsgeschlecht der Losensteiner zu einem prächtigen Renaissanceschloss ausgestaltet. Trotzdem ist heute von den Losensteinern nur mehr ein Schatten übrig.

Wirklichkeitstreue und Selbstsicht

In vielen Bildern von bekannten und auch namenlosen Personen schufen die Künstler der Renaissance oft  wirklichkeitsgetreue Abbilder von lebenden Personen, aber sie zeigten auch, wie Menschen sich selbst sahen und wie sie gesehen werden wollten.

Künstler wie Leonardo da Vinci, Albrecht Dürer, Lucas Cranach d. Ä., aber auch Martin Luther und seine Frau Katharina von Bora als Beispiel des damaligen Verständnisses von Ehe und Familie, aber ebenso gänzlich Unbekannte wurden bildlich thematisiert. Aber nicht nur Bilder, sondern auch modische Objekte wie Highheels,  Münzen und Medaillen als, heute würde man sagen, Werbemittel sind zu sehen und geben Einblick in die Lebenswelt der Renaissance.

Was von den Losensteinern blieb

Heute sind die bildhaften Spuren der Familie äußerst spärlich: Kein Bild existiert von Christoph II., ein einziges Porträt von Hans Wilhelm. Ihre Frauen liegen gänzlich im Dunkeln. Gäbe es die so gut erhaltene Schallaburg nicht in der heutigen Form, wüssten wir noch weniger von ihnen, so ist sie aber zu ihrem zentralen Erinnerungsobjekt geworden. 

Bildung ist mehr als Wissen

Mit diesem Satz kann man den Bogen zum Heute spannen: Eigentlich gilt diese Aussage in einer Zeit umso mehr, wo nur mehr Detailwissen und Silodenken, die durch KI ohne menschliches Zutun zu einem vermeintlich Ganzen zusammengefügt werden.

Der Anspruch von Martin Luther,  daß Bildung allgemein zugänglich sein sollte, wurde durch die deutschsprachige Bibelübersetzung, die von der damaligen katholischen Kirche abgelehnt wurde, besonders unterstrichen.

Die von den Losensteinern gegründete hohe Schule von Loosdorf, nach heutigen Begriffen ein Gymnasium, ist ein beeindruckendes Beispiel für den Zugang zu gehobenen Bildungsansprüchen. Sie war sozial durchlässig und ermöglichte, wenn auch nur den männlichen Kindern armer Familien, den Zugang zur gehobenen Bildung. Der damalige Nachteil war die protestantische Ausrichtung und so wurde sie nach wenigen Jahren im Zug der Gegenreformation aufgelöst. Das Gebäude ist in der damaligen Form noch heute erhalten.

Weit sehen, aber auch gesehen werden

Die Schallaburg trug einst einen mittelalterlichen Bergfried, der sicher damals die Burg dominiert hatte. Er wurde abgebrochen und seine Steine als Fundament für den Renaissancetrakt verwendet. Statt eines Turms als Zeichen der Herrschaft gab es somit einen Neubau, der sich an der Residenz Ferdinands I. in Wien orientierte. Erst Hans Wilhelm ordnete die Errichtung des noch heute weithin sichtbaren Turms als symbolischen Ersatz an. Als Schloß brauchte es jetzt keinen Wehrturm mehr, sondern ein repräsentatives Zeichen der Herrschaft.

Auf den Hund gekommen

Die umfangreichen Bauprojekte sprengten allerdings die finanziellen Möglichkeiten. Es blieb einzig der Weg des Schuldenmachens. Die Schatztruhe war leer und man sah den darin am Boden aufgemalten Hund.

Und so musste Hans Wilhelms Neffe die Schallaburg schließlich an seinen Schwiegervater Georg den Älteren von Stubenberg überschreiben. Damit endete die über 150-jährige Geschichte der Losensteiner als Besitzer der Schallaburg.

Terrakotta-Figuren dokumentieren die Lebensphilosophie

Heute ist die Weltsicht der Renaissance nicht mehr so einsichtig wie vor rund 400 Jahren. Der damalige Anspruch, die Tugendhaftigkeit zu erreichen, erscheint uns als aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts recht aufgesetzt, war aber ein reales Lebensziel. Das noch vollflächig farbenfroh dargestellt ist uns nochmals fremd und wurde während einiger Renovierungen in Bildern visualisiert.

Von den Tugenddarstellungen über Herkules bis zu einer eigenartigen Fabel reichen die detaillierten Darstellungen und geben uns, wenn wir uns darauf einlassen, ein reichhaltiges Bild des damaligen Selbstverständnisses.

Die Kunst wie wir sie heute verstehen oder diskutieren unterscheidet sich grundsätzlich von der klaren Sichtweise der Antike und Renaissance. Die damaligen sieben freien Künste waren wissenschaftliche und technische Kunstfertigkeiten, die zum Bildungsziel freier Bürger wurden.

Mit dem Terrakotta-Portäts, die antiken Münzbildern nachempfunden sind, wollte man die Tugenden des Adels und die eigenen Verbindungen zum Kaiserhaus in Erinnerung rufen.

Libri Prohibiti oder: die Grenzen der Meinungsfreiheit

Die Erfindung der Druckerpresse und die Verbreitung der deutschsprachigen Luther-Bibel führte dazu, daß immer mehr Menschen lesen lernten. Das war nicht im Sinne der katholischen Kirche und daher wurden viele Bücher und Schriften konfisziert und im Stift Göttweig in einem gesonderten Raum versperrt.

Die Mönche hatten auf diese „Libri Prohibiti“ (verbotene Bücher) ursprünglich nur mit Erlaubnis des Papstes und später nur zu Studienzwecken Zugang. Man musste ja verstehen,  wogegen man ankämpfte. Diese Exemplare geben aber heute durch die handschriftlichen Notizen der jeweiligen Besitzer Auskunft über Ereignisse in der Familie wie Taufen oder Sterbefälle, aber genauso über Erdbeben oder Brandkatastrophen. So erfahren wir viel über das Leben der „gewöhnlichen“ Menschen der Renaissance im heutigen Gebiet von Niederösterreich.

Alchemie und Wissenschaft

Ein besonders interessantes Ausstellungsdetail sind einige Stücke der über 1000 Fundstücke des Alchemistenlabors aus dem Gut Oberstockstall jenseits der Donau. Sie dienten zu alchmistischen und pharmazeutischen Experimenten und ist nach Aussage von Fachleuten eines der besten Beispiele eines Laboratoriums auf der Schwelle zur neuzeitlichen Chemie.

Persönliches Fazit

Die Schallaburg prägt mein Interesse für Geschichte, bildende Kunst und Architektur schon seit meiner Schulzeit. Bereits bei der ersten Ausstellung 1974 „Renaissance in Österreich“ war ich einer der mehr als 320.000 Besucherinnen und Besucher und so begleitet mich dieses Schloß bis heute.

Die Schallaburg ist aber auch eng mit der Geschichte des niederösterreichischen Radios verbunden, von 1976 bis 1999 produzierte und moderierte der legendäre Willy Kralik das wöchentliche Hörfunkquiz „Turnier auf der Schallaburg“, das lange Zeit auch von mir immer wieder verfolgt wurde.

Mein kleiner Bericht von der Schallaburg, der hoffentlich keine sachlichen Fehler enthält und Appetit auf dieses Juwel machen soll ist damit zu Ende. Ich bin aber den an meinen Motorradtouren interessierten Lesern noch die Routen der Hin- und Rückfahrt schuldig und löse das hier ein.

Die Rückfahrt führte mich an der Wallfahrtskirche Maria Steinparz, wo man nebenan auch sehr gut essen kann, vorbei und weiter über Weinburg, Ochsenburg durch das Hügelland südlich von St.Pölten ins Laabental und dann über St.Corona am Schöpfl wieder ins Triestingtal-

Kurviger Links zum Download der Routen:

Zur Schallaburg | Kurviger

Von der Schallaburg | Kurviger

Links

https://www.schallaburg.at/de/
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Schallaburg
https://www.schallaburg.at/de/renaissance-2024/raum-1-de
https://www.derstandard.at/story/3000000215611/renaissance-schau-auf-der-schallaburg-aufbruch-und-selbsterkenntnis
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hohe_Schule_Loosdorf
https://www.kulturundwein.com/alchemist.htm?nocache=1377362337
https://noe.orf.at/stories/3251734/

In den Kulissen und dem Entstehungsort einer Schweizer Legende: die Heimat des Schellen-Ursli

Es gibt nicht nur die Heidi

Der Inbegriff einer Schweizer Kindergeschichte ist „Heidi“ von Johanna Spiry. Sie hat das erste Buch im Jahr 1879 veröffentlicht, mehrere weitere folgten. Wir kennen Heidi seit einem Film, der unter anderem mit Theo Lingen im Jahr 1953 in die österreichischen Kinos kam. Richtig berühmt wurde sie bei uns aber mit der Zeichentrickfilm-Serie, die ab 1974 im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

In der Schweiz mindestens genauso bekannt ist aber der Schellen-Ursli. Er wurde von Selina Chönz im Text und mit Alois Carigiet als Illustrator in Buchform im Jahr 1945 zum Leben erweckt.

Seitdem wurde das Buch in 14 Sprachen übersetzt und über 1 Million Mal verkauft und im Jahr 2015 verfilmt und ist noch immer aus vielen Schweizer Kinderzimmern nicht wegzudenken. Weitere Geschichten folgten in den Jahren danach.

Bittere Armut und altes Brauchtum als Basis für diese Geschichte

Die Geschichte vom Schellen-Ursli spielt in Guarda, einem Dorf im Unterengadin. Sie handelt vom Brauch des Chalandamarz, der alljährlich am 1. März durchgeführt wird. Die Tradition will, dass der Winter durch das laute Glockengeläut der Kinder ausgetrieben und der Frühling eingeläutet wird. Dafür erhalten alle Kinder eine Glocke von Onkel Gian.

Als der Ursli an die Reihe kommt, erhält er die letzte Glocke, was ja nicht das Schlimmste wäre, wäre sie nicht so klein, die Kleinste von allen! Alle lachen den Ursli aus und rufen ihm Schellen-Ursli nach. Er erinnert sich aber, daß auf der Alp eine große Glocke hängt und holt sie heimlich ins Dorf.

Mehr erzähle ich hier nicht, es ist jedenfalls wert, die Geschichte zu lesen und den Film anzuschauen, der derzeit in der 3Sat Mediathek noch bis 28.8.2024 zu sehen ist, siehe den Link unten.

Guarda ist das Heimatdorf des Schellen-Ursli

Alois Carigiet hat ein Haus in Guarda als Vorbild für seine Illustrationen genommen und ich habe es bei meinem Besuch unwissentlich fast aus der gleichen Perspektive fotografiert.

Wie schon mehrmals erwähnt, ist meine Frau Schweizerin und der Schellen-Ursli weckt daher natürlich bei ihr Kindheitserinnerungen. Daher war ich umso gespannter, wie das Dorf im Oberengadin aussieht, es liegt ja direkt auf meiner Route am Heimweg nach Österreich. Mehr dazu hier:
https://newretiredontheblog.com/2024/07/30/2-heimfahrt-aus-der-schweiz/

Zu Fuß erreiche ich nach wenigen Minuten die Dorfstraße mit den typischen wunderschönen Häusern mit ihren Engadiner Sgraffiti, die mir schon vor 2 Jahren bei meiner Fahrt über den Albulapass in La Punt aufgefallen sind.

Trotz ziemlicher Hitze,  die mit der Motorradhose noch einmal mehr schweisstreibend ist, macht es mir Spaß die teilweise recht steilen Gassen zu durchstreifen und zu fotografieren.

Filmkulisse, die noch mit echtem Leben erfüllt ist

Die reformierte Kirche Giarsun mit ihrer typischen Holztäfelung ist eine der Kulissen im Schellen-Ursli-Film, die meisten Aussenaufnahmen mit den typischen Engadinerhäusern wurden aber in der Nähe, in Sur En bei Ardez gedreht.

Das tut meinen Besichtigungen aber keinen Abbruch, das ganze Dorf ist einfach ein Schmuckstück. Sogar zwei Kinder sitzen so, wie wenn sie direkt dem Film entsprungen wären.


Einige der sieben Brunnen, welche früher Treffpunkt der Bevölkerung und Mittelpunkt des sozialen Lebens waren, habe ich ebenfalls fotografiert. Das Dorf lebt aber auch heute noch, obwohl die Abwanderung wie in vielen Schweizer Bergdörfern in den letzten 100 Jahren die Bevölkerung beinahe halbiert hat. Die meisten der 70 Häuser sind bewohnt, es leben noch rund 170 Personen hier.

Natürlich gibt es auch ein Schellen-Ursli Museum

Im oberen Dorf befindet sich das Hotel Meissner, das in einem Nebengebäude ein kleines Schellen-Ursli Museum eingerichtet hat. Hier werden neben Originalbildern von Alois Carigiet auch viele Gegenstände und Szenen präsentiert, die das karge Leben der Engadiner Bevölkerung in den Bergdörfern näher bringen sollen. Natürlich gibt es die Bücher von Selina Chönz und andere Erinnerungsgegenstände ebenfalls zu kaufen.

Engadiner Gemütlichkeit

In der netten Ustaria Crush Alba wird man freundlich auf Rätoromanisch begrüßt. Das Lokal ist einerseits Dorfbeiz mit gemütlichen Tischen vor dem Eingang und andererseits ein Feinschmecker-Restaurant, hier gönne ich mir noch einen Kaffee und einen Streuselkuchen, bevor ich wieder zu meinem Motorrad gehe.

Das schon mehrfach erwähnte, weil überall mit dem Dreiklang Posthorn „Dü-Da-Do“ hör- und sichtbare Postauto in der Bergstrassen-Ausführung begegnet mir zur Abrundung dieser schönen und interessanten Stunden auch noch.

Links

https://www.graubuenden.ch/de/graubuenden/allgemeine-informationen/brauchtum/chalandamarz
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Heidi_(1952)
https://www.engadin.com/de/das-unterengadin/menschen-kultur/engadinerhaeuser-sgraffito
https://www.engadin.com/de/drehorte-vom-schellen-ursli-film

https://www.engadin.com/de/sur-en-dardez
https://www.graubuenden.ch/de/schellen-ursli#:~:text=Die%20Geschichte%20vom%20Schellen%2DUrsli,und%20der%20Fr%C3%BChling%20eingel%C3%A4utet%20wird.
https://www.hotel-meisser.ch/
https://www.hotel-meisser.ch/meisser-resort/guarda/schellen-ursli/schellenursli-museum
Noch bis 28.8.2024: https://www.3sat.de/film/spielfilm/schellen-ursli-100.html

Alle Menschen werden Brüder oder 200 Jahre Beethovens 9. Symphonie

Das Jahr 2024 steht im Zeichen des 200. Jahrestages von Beethovens 9. Symphonie. Nur Wenige außerhalb unserer Bezirkshauptstadt Baden und Umgebung wissen, daß diese Symphonie von hier ihren Siegeszug durch die Welt angetreten hat. Die Uraufführung fand am 7. Mai 1824 am Kärntertortheater in Wien statt.

Sie ist seit dem Jahr 1972 die Hymne des Europarates. 1985 wurde sie in der Instrumentalfassung von den EU-Staats- und ‑Regierungschefs als offizielle Hymne der Europäischen Union angenommen. Im Jahr 2024 mit den Europawahlen sind wir aber leider weiter denn je entfernt von der Intention der „Ode an die Freude“ mit der Friedensbotschaft.

Beethoven komponierte auch in Baden

Ludwig van Beethoven verbrachte aus gesundheitlichen Gründen 15 Sommer in Baden bei Wien. Er bewohnte in der Kurstadt zahlreiche Wohnungen, davon in den Jahren 1821, 1822 und 1823 das heutige Beethovenhaus, das seit 1962 der Stadt Baden gehört. Seit 1965 gibt es darin die Beethoven-Gedenkstätte. Im Jahr 2014 wurde es als heutiges Beethoven-Haus eröffnet.

Bild: Carl Schlösser: Beethoven in seinem Heim (ca. 1811)
Quelle: https://www.baerenreiter.com

Die ausgestellten Möbelstücke sind nicht original, sondern stammen aus der Zeit Beethovens und geben die Atmosphäre wieder, in der er in diesem Haus gelebt hat. Auf dem Hammerklavier hat er aber schon einige Male selbst gespielt und heute werden darauf auch wieder Konzerte gegeben. Die Geschichte dazu findet ihr im Link unten.

200 Jahre 9. Symphonie

Derzeit widmet sich eine Sonderausstellung diesem Jubiläum und diesem Musikstück. Ein besonderes Highlight ist ein Brief, in dem Beethoven im September 1823 verspricht, die Partitur von op. 125 innerhalb der nächsten zwei Wochen zu liefern. Dieses Kleinod ist eine Leihgabe des Beethoven-Hauses in Bonn und beweist, daß diese wunderbare Melodie in Baden entstanden ist. Unten findet ihr den Link, wo man den Text des Schriftstücks sogar nachhören kann.

Die Sommerfrische in Baden lässt Beethoven kreativ sein

Nicht nur „Die Neunte“, sondern unter anderem auch „Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria“ oder die „Missa solemnis“ sind zumindest teilweise in Baden entstandenen und können an eigenen Klangständen auch außerhalb der Sonderausstellung nachgehört werden.

Der absolute Höhepunkt der Ausstellung ist aber ein Video der Aufführung des vierten Satzes der Symphonie, dirigiert von Nikolaus Harnoncourt, das nicht nur zu „hören“, sondern auch zu „sehen“ (als elektronische Darstellung der einzelnen Instrumente im Zusammenspiel) und zu „lesen“ (der Partitur) ist.

Fazit

Diese Sonderausstellung und auch das Beethoven-Haus an sich ist für alle Klassik-Begeisterten oder Geschichte-Interessierten ein Muss, wenn sie in der Nähe von Baden sind. Ein für viele eher trockenes Thema wird hier sehr zeitgemäß und informativ präsentiert. Sie ist noch bis 3.November 2024 geöffnet. Während dieser Zeit gibt es eine Reihe von Veranstaltungen und Konzerten, das genaue Programm könnt ihr der Homepage des Beethoven-Hauses und der Stadt Baden in den Links unten entnehmen.

Links

https://www.beethovenhaus-baden.at/
https://www.baden.at/Das_Beethoven-Klavier_ist_wieder_daheim_1
https://www.tourismus.baden.at/beethoven-2024-in-baden
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ludwig_van_Beethoven
https://european-union.europa.eu/principles-countries-history/symbols/european-anthem_de
https://www.beethoven.de/de/media/view/5108492276858880/Ludwig+van+Beethoven%2C+Brief+an+Franz+Christian+Kirchhoffer%2C+Baden%2C+5.+September+1823%2C+Autograph?fromArchive=5670237424844800
https://www.baerenreiter.com/themen/beethoven/klaviermusik/hans-joachim-hinrichsen-beethovens-klaviersonaten/

Montreux im März

Ich muss vorausschicken, dass meine Frau Schweizerin ist und wir daher einige Male im Jahr dort zu Besuch sind. Dabei ergibt sich auch immer die eine oder andere Sightseeing-Aktion. Diesmal soll es Montreux sein.

Schweizerdeutsche Begriffe und Abkürzungen werden am Ende erklärt!

Anreise mit Zmorge in der SBB

Wir starten wie immer in der Nähe von Zürich und fahren über Bern, Freiburg und Lausanne nach Montreux. Im Zug haben wir Zeit genug und geniessen im Speisewagen ein Zmorge mit Brot, Gipfeli, Konfi, Butter und einem Chäsplättli.

Von Lausanne bis Montreux führt die Strecke am Genfersee entlang, der aber noch fast vollständig im Nebel versunken ist, nur die schneebedeckten Berge der Schweizer und französischen Alpen leuchten in der Sonne.

Bekannte Persönlichkeiten wurden und werden vom See angezogen

Eine Vielzahl von Künstlern, Schriftstellern und Reisenden hatte und hat sich in der Region niedergelassen, wie zum Beispiel Charlie Chaplin, Igor Strawinsky, Kaiserin Sissi, Lord Byron, Vladimir Nabokov und Freddie Mercury. Dem ehemaligen Heim von Charlie Chaplin wollen wir einen Besuch abstatten.

In der Chaplin’s World

Vom Bahnhof geht es mit der Buslinie 201 bis zur Endstation Vevey Funi und dann mit einem Shuttlebus bis zum Chaplin-Museum. Wir haben die Eintrittskarten (Standard 30 CHF pro Person, mit fixem Datum bis zu 8 CHF günstiger / März 2023) schon vorab im Internet bestellt, darum gehen wir ohne Wartezeit direkt hinein und sehen einen kurzen Film über das Leben von Chaplin.

Danach hebt sich die Leinwand und wir befinden uns direkt im Museum, das vielen bekannten und weniger bekannten Filmkulissen nachempfunden ist. Nicht nur Charlie Chaplin, auch viele seiner Kolleginnen und Kollegen begegnen uns wie mitten in den Dreharbeiten als lebensgrosse Figuren.

Nach einem Kaffee im Café „The Tramp“ wollen wir wieder mit dem Shuttle zurück zum Ausgangspunkt bei der Talstation „Vevey Funiculaire“ der Standseilbahn. Leider macht der aber Mittagspause und so marschieren wir eben eine gute Viertelstunde zu Fuß hinunter.

Funiculaire auf den Mont-Pèlerin

Wir werden aber dadurch entschädigt, daß wir fast ohne Wartezeit mit der Standseilbahn duch die Weinberge an Chardonne vorbei hinauf auf den Mont-Pèlerin fahren können. Dort gönnen wir uns ein auch für Schweizer Verhältnisse überteuertes Mittagessen, aber der Ausblick entschädigt dafür. Da in der Zwischenzeit der Nebel teilweise aufgerissen hat, ist der Genfersee mit Vevey, Montreux und den umliegenden Bergen ein Genuß für unsere Augen.

Und noch eine weitere berühmte Persönlichkeit

Nach der Talfahrt geht es mit dem Bus zurück bis zur Station Montreux Marche, wo wir noch einen weiteren berühmten Gast besuchen. Freddie Mercury, der Sänger der Rockgruppe Queen, liess sich in Montreux nieder, weil er die Beschaulichkeit des Ortes liebte und erwarb hier ein Aufnahmestudio, wo er sein letztes Album mit der Gruppe Queen produzierte: „Made in Heaven“. Die Statue direkt an der Seepromenade haben wir natürlich besucht, für das Museum in den ehemaligen Queen-Studios war es uns aber zu spät.

Abschluss eines schönen Tages

Wir machen uns auf die Suche nach einem Café mit Patisserie, was sich als schwieriger als gedacht herausstellte. Erst direkt vor dem Bahnhof haben wir Glück und bekommen zum sehr guten Kaffee auch eine Süßigkeit, die unseren Wünschen nahekam.

Die unspektakuläre Rückfahrt haben wir uns mit einem Picollo Prosecco verkürzt und dabei diesen wirklich schönen Tag Revue passieren lassen.

Schweizer Begriffe

  • SBB – Schweizer Bundesbahn
  • Zmorge – Frühstück
  • Gipfeli – Butterkipferl
  • Konfi – Marmelade
  • Chäsplättli – Käseplatte